Jeder gegen jeden

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Wegen Preisabsprachen ermittelt die spanische Justiz derzeit gegen mehrere Autohersteller und -händler: Werden andere Länder folgen?

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Es pfeifen die Spatzen von den Dächern, dass die Markenhändler beim Neuwagenverkauf Geld verlieren. Nur mit den Erträgen ihrer Werkstätten können sie sich vor "roten" Bilanzen retten. Hersteller und Händlerverbände sind sich einig: Eine wirtschaftlich erforderliche Mindestrendite von zwei Prozent ist nur mit entsprechenderPreisdisziplin möglich. Welche fatalen Folgen das haben kann, wird gerade von der spanischen Wettbewerbsbehörde vorexerziert. Dort befinden sich fast alle Hersteller und überdies die Händler von sechs Markenverbänden wegen verbotener Preisabsprachen auf der Anklagebank.

Seat-Händler flüsterte als Erster

Ein frustrierter Seat-Händler hat den Stein ins Rollen gebracht. Er flüsterte den Wettbewerbshütern, dass er vom Hersteller wegen mangelnder Preisdisziplin an

die Kandare genommen wurde. So etwas soll es ja auch inÖsterreich schon gegeben haben. Daraufhin wurden alle Händler des VW-Markenimperiums unter die Lupe genommen. Dabei erhärtete sich der Verdacht, dass der "Whistleblower" kein Einzelfall war. Das hätte dem VW-Konzern -mit 25 Prozent Marktanteil der unangefochtene Platzhirsch -eine Millionenstrafebescheren können.

VW-Manager: "Waren zu Preisbindung genötigt"

Da erinnerten sich die Konzernjuristen der in der ganzen EU beim Wettbewerbsrecht geltenden Kronzeugenregelung: Wer rechtzeitig zur Aufdeckung eines verbotenen Kartells beiträgt, geht selbst straffrei aus. Das in Bedrängnis geratene VW-Management wandte sich vertrauensvoll an die Wettbewerbsbehörde. Es entschuldigte die eigene Preisbindung damit, dass man sich zu dieser Maßnahme genötigt sah -weil alle anderen Hersteller und Importeure genau das Gleiche machen.

Das war Musik in den Ohren der Behörde. Mit Ausnahme von Mercedes, BMW und Mitsubishi bekamen die Händler aller anderen Netze ungebetenen Besuch. Der eine oder andere scheint "gesungen" zu haben. Plötzlich sind aus einer einzigen anonymen Anzeige sieben Verfahren geworden. Sechs gegen die Händler -die sind für die Kartellwächter aber nur eine Nebenfront. Denn die Kartellstrafe hat sich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der "Täter" und an dem ihnen durch die Preisabsprache erwachsenen Profit zu orientieren. Der ist angesichts der miesen Bilanzen der Händler gering. Ausgeblutet durch die Krise, wird bei ihnen nicht viel zu holen sein. Überdies würden die durch Kartellstrafen ausgelösten Insolvenzen eine schlechte Optik ergeben.

Genügend Beweise?

Beim siebenten Verfahren geht es aber ums Ganze: Da haben die Schergen alle Hersteller im Visier. Sie hoffen, aufgrund der Auskünfte der unter Druck geratenen Händler genügend Beweise zu finden, um beim Kartellgericht hohe Strafen beantragen zu können. Für die Hersteller beginnt nun der große Poker: Sollen sie sich einsichtig zeigen und mit der Behörde einen kostenschonenden Deal aushandeln? Oder lieber darauf hoffen, dass das Beweismaterial beim Gericht für eine Verurteilung nicht ausreicht? Oder ihnen der Beweis gelingt, dass der volkswirtschaftliche Nutzen der Preisregelung den Verstoß rechtfertigt? Oder diese Zielsetzung doch so schuldmindernd wirkt, dass sich das Kartellgericht bei der Höhe der Kartellbuße gnädig erweist? Die erste Verhandlungsrunde geht noch im Juni über die Bühne. Nicht nur die Konzern-Kronjuristen blicken daher gebannt nach Madrid. Auch die Wett bewerbshüter in anderen großen Märkten. Kein Wunder, denn derartige Kartellverfahren sind für sie ein gutes Geschäft. Mit verbotenen Preisabsprachen lässt sich für den leeren Staatssäckel viel Geld holen. So hat das deutsche Bundeskartellamt im Vorjahr 1.137 Millionen Euro Strafgelder verhängt. Davon entfielen allein auf Zucker, Bier und Wurst 955 Millionen.

Reines Kommissionsgeschäft als Ausweg?

Naheliegend, dass angesichts der spanischen Verhältnisse alle Autohersteller vorsichtiger geworden sind. So haben seit Kurzem Hyundai, Mazda und BMW eine vom deutschen Händleranwalt Dr. Christian Genzow und dem ZDK entwickelte Idee aufgegriffen: Der neben dem Direktvertrieb der Hersteller noch beim Handel verbliebene Teil des Neuwagengeschäftskönnte in ein reines Kommissionsgeschäft umgewandelt werden. Die Autohändler verkaufen nicht selbst, sondern sind nur noch Kommissionäre. Sie sind dann nicht mehr vertikal gebundene Händler -sie können daher auch nicht zu verbotenen Preisabsprachen verführt werden. Bei den zu Kommissionärenmutierten Händlern gibt es künftig nur die vom Hersteller festgelegten Fixpreise. Es gibt künftig auch keine Handelsspannen, welche die Kunden nur zum Feilschen eingeladen haben.

Kommt System mit fixen Preisen?

Das ist ein Vertriebssystem, das derzeit bei vielen anderen Markenartikeln funktioniert. Ein System mit fixen Preisen, an das sich die Kunden durchaus gewöhnt haben. Aus der Sicht des EU-Wettbewerbsrechts ist das durchaus legal: Schließlich steht es den Herstellern frei, zu welchen -fixen -Preisen sie ihre Kommissionäre ihre Autos verkaufen lassen. Der "Händler" erspart sich die Kosten der Lagerhaltung. Dafür wird er vom Hersteller verpflichtet,nur in dessen Namen zu verkaufen, zu fakturieren und zu kassieren. Rabatte sind dadurch gar nicht mehr möglich und der bisherige Intrabrand-Wettbewerb zwischen Markenkollegen verlagert sich auf den Interbrand-Wettbewerb der Autohersteller.

Der Kunde kauft dann nicht mehr wie bisher Rabatte, sondern entscheidet sich anhand der Qualität und des Preis-Leistungs-Verhältnisses der Produkte. Vielleicht wird der eine oder andere aufgrund der spanischen Erfahrungen etwas dazulernen.

Dann könnten sie dem Rabattgemetzel, das seit Jahren das Image der ganzen Branche ruiniert, auf legalem Wege ein Ende bereiten.

Und niemand muss mehr fürchten, ungebetenen Besuch von Wettbewerbshütern zu erhalten!

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