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Müssen die Händler nun alles auslöffeln?

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Müssen die Händler nun alles auslöffeln?

Wer wann was bei den Abgaswerten getrickselt hat und wer davon im VW-Vorstand wusste -das werden die Untersuchungen zeigen. Wer für wen welchen Sessel räumen muss, hat für heimische VW-Händler wenig Bedeutung. Sie wollen anlässlich medial wirksamer Ankündigungen von "Sammelklagen" wissen, was auf sie zukommen kann. "AUTO&Wirtschaft" ist dieser Frage aus österreichischer Perspektive auf den Grund gegangen.

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Die konzerneigenen Retailbetriebe können sich beruhigt zurücklehnen. Alle mit dem Abgasproblem verbundenen Kosten können sie letztlich ihrer Konzernmutter in Wolfsburg anhängen. Der Schaden bleibt damit an den Aktionären - voran die Familien Porsche und Piëch sowie das Land Niedersachsen und das Emirat Katar - hängen. Die unabhängigen Händler werden nicht so einfach davonkommen. Die auf sie zukommende Schadenshöhe ist noch nicht abschätzbar.

Verbesserung?

Wenig Gefahr droht von der Gewährleistung. Zweifellos handelt es sich bei der Verfälschung der echten Abgaswerte um einen versteckten Mangel, für den die VW-,Audi-, Seat-und Skoda-Händler für ihre Kunden haften. Die Gewährleistung - und Garantie -sind aber von Haus aus auf die Verkäufe der vergangenen 2 Jahre beschränkt.Bei der Manipulation der Motorsteuerung handelt es sich überdies um einen behebbaren Schaden. Somit haben selbst diese Jungkunden -und nur diese -vorrangig bloß einen Verbesserungs-und keinen Geldanspruch. Die Händler können weiters damit rechnen, dass der Konzern aus Imagegründen zusätzlichauch ältere Modelle kostenlos -in "Kulanz" -auf die erforderlichen Abgaswerte nachrüstet.

Wandelung?

Es ist davon auszugehen, dass in den VW-Betrieben ausreichend technisches Knowhow zur Verfügung steht, um diese Aufgabe zu meistern. Wo mehr als nur elektronische Nachbesserung erforderlich wird, will der Konzern mit "temporären Werkstätten" selbst in die Bresche springen. Heikel wird es dabei mit der "angemessenen" Nachbesserungsfrist. Die Judikatur geht davon aus, dass Mängel spätestens in 6 Wochen zu beheben sind. Sonst besteht für die Händler das Risiko, dass der Kunde noch in der Gewährleistungsfrist statt der Nachbesserung die "Wandelung" einfordert. Bei der "Angemessenheit" wird jedoch zugunsten der Händler auch die "Zumutbarkeit" einer längeren Wartefrist für dieVerbesserung zu berücksichtigen sein. Vor allem, da es sich um keine sicherheitsrelevanten Mängel handelt und diese bisher unbekannt waren und daher auch niemanden gestört haben. Für die Händler bleibt jedenfalls in den nächsten Monaten das Risiko, dass sie mit derartigen Fahrzeugrückgaben -abzüglich eines Benützungsentgelts -konfrontiert werden.

Rücktritt vom Vertrag?

Das Risiko vom Rücktritt vom noch nicht erfüllten Vertrag kann kein Händler ausschließen. Schließlich bekommt der Kunde ein anderes Auto, als dies im Vertrag vereinbart wurde. Wahrscheinlicher ist jedoch , dass der Kunde eine derartige Drohung nützt, um nachträglich noch einen zusätzlichen Rabatt herauszuschinden. Da wird es am Händler liegen, sich in solchen Fällen beim Vorlieferanten -somit beim Importeur -schadlos zu halten. Dafür hat der Händler den Vorteil, dass es dann keinen "versteckten Mangel" mehr gibt - der nunmehr "offene Mangel" wird mit dem Zusatzrabatt abgegolten und kann vom Kundennicht neuerlich geltend gemacht werden. Offen bleibt die Frage, mit welchem Aufwand diese Nachbesserungen verbunden sind. Schließlich gibt es dafür an der Front keine überprüfbaren Erfahrungswerte. An den Händlern wird es liegen, sich bei den Arbeitszeitvorgaben nicht über den Tisch ziehen zulassen.

Laut Dr. Bernhard Geringer, Institutsvorstand an der TU Wien, werden einfache Lösungen wie etwa das beim Ottomotor äußerst wirksame Dreiwege-Katalysatorsystem, beim Diesel nicht möglich sein. Wenn also zugunsten der Umwelt an der Abgasschraube gedreht werden muss, dürfte das zulasten der Motorleistung gehen. Womit der Kunde weniger PS bekommt, als er ursprünglich eingekauft hat. Das kann auch rechtliche Auswirkungen haben.

Wertminderung?

Es liegt auf der Hand, dass die manipulierten Autos -durch den Vertrauensschwund trotz Reparatur -an Wert verloren haben. Der Kunde wird möglicherweise reklamieren, dass sich sein reparierter VW nun schlechter verkaufen lässt als früher. Findige Anwälte werden daher analog zum reparierten Kfz-Unfallschaden einen "merkantilen Minderwert" geltend machen. Diese Drohung braucht den Händler nicht zu schrecken. Da bewegen sich die Konsumentenschützer nämlich am Gebiet des Schadenersatzes. Das würde voraussetzen, dass sie dem Händler ein "Verschulden" nachweisen. Das kann nicht gelingen, da der von der Manipulation keine Ahnung hatte und selbst ein Geschädigter ist.

Die nächste Alternative des Kunden wäre somit das Vertragsrecht. Da gibt der deutsche Zivilrechtsprofessor Dr. Christian Huber zugunsten der Händler Entwarnung: Beim "merkantilen Minderwert" handelt es sich um einen "reinen Vermögensschaden" -und der ist nur beschränkt ersatzfähig. Da ist auch derVW-Konzern als schuldiger Produzent aus dem Schneider -denn mit dem steht der Kunde in keiner vertraglichen Beziehung.

Prospekthaftung oder Irrtumsanfechtung

Bei der Prospekthaftung handelt es sich um nichts anderes als um eine spezifizierte Gewährleistung und daher gelten deren Regeln. Heikel wird die Sache, wenn "grüne" Kunden beim Kauf ganz besonders den Klimaschutz im Auge hatten. Und dieser vom Konzern extra beworben wurde. Etwa mit BlueMotion Technology, wie sie von VW für Fahrzeugmodelle verwendet wurde, "die hinsichtlich ihres Kraftstoffverbrauchs und Schadstoffausstoßes optimiert wurden, um eine bessere Umweltverträglichkeit zu erreichen", wie man das sogar in Wikipedia nachlesen kann.

Wurde nun ein Kunde beim Kaufüber eine für ihn wesentliche Eigenschaft in die Irre geführt, kann er den Vertrag auch nachträglich auflösen. Die Frist dafür beträgt nicht zwei, sondern gleich drei Jahre. Dieser Anspruch kann auch nicht durch Nachbesserung aus der Welt geschafft werden.

Es ist davon auszugehen, dass der eine oder andere mit Rechtsschutz bewehrte Kunde zu dieser "Waffe" greifen wird. Ihre Wirkung kann jedoch von Modell zu Modell recht verschieden sein. BlueMotion-Modelle sind durch die früheren Werbeaussagen jedenfalls besonders gefährdet. Der Anspruch des Kunden wird daher in jedem einzelnen Fall individuell zu prüfen sein.

Für den Händler besteht jedoch bei jeder Reklamation die Notwendigkeit, dem Importeur sofort den Streit zu verkünden. Das heißt nicht, dass er nun mit VW zu streiten anfangen muss -es ist nur der einzige legale Weg, seinen Regressanspruch aus dem Schadensfall gegen den verantwortlichen Vorlieferanten abzusichern.

Es ist nicht auszuschließen, dass die Konzern-Granden ihre Vertriebspartner auffordern werden, sich an der Schadensbegrenzung zu beteiligen. Dies mit dem Argument, dass sie ja bisher von den guten Verkäufen profitiert haben. Da sind allerdings die Erträge, die der Konzern erwirtschaftete, den Erträgen der Händler gegenüberzustellen. Die künftig noch magerer ausfallen werden, da die Kunden möglicherweise künftig noch höhere Rabatte fordern werden.

Die Händler müssen sich auf Vermögensschäden vorbereiten, die derzeit noch nicht absehbar sind. Dies erfordert rechtlich, dass sie sich vom Konzern bestätigen lassen, dass VW den Händlern für sämtliche künftige aus der Abgasmanipulation resultierenden Schäden haftet. Damit wären die Händler auch ausreichend motiviert, um an der Beseitigung des in Wolfsburg produzierten Schadens mitzuwirken.

Neugierige Konsumenten und Juristen fragen sich, wer inÖsterreich hinter dem VW-Geschäft steckt

Wer als Kunde bei einer der "Konzern-Filialen" landet, hat es mit der Porsche Inter Auto GmbH&Co. KG (FN 175466p) zu tun. Deren voll haftende Komplementärin ist die Porsche Retail GmbH (FN 341982s), eine mit 4 Mitarbeitern bescheidene Firma, die wiederum zu 100 Prozent der Porsche Holding GmbH (FN 50411i) gehört. Diese steht wiederum komplett im Eigentum der Volkswagen Holding Österreich GmbH (FN 327430s), die letztlich zu 100 Prozent in die deutsche Konzernmutter VW AG eingegliedert ist.

Wer als Händler mit VW zu tun hat, landet bei der für den Großhandel zuständigen Porsche Austria GmbH&Co. OG. Deren voll haftende Gesellschafter sind die Porsche Holding GmbH, die Porsche Austria GmbH (die wiederum zu 100 Prozent der Porsche Holding GmbH gehört) sowie die für das Ersatzteilgeschäft und die Verwaltung der Konzernliegenschaften zuständige Porsche Konstruktionen GmbH&Co KG. Bei der ist wiederum die Porsche Austria GmbH Komplementär, daneben auch die Porsche Holding GmbH, die zu 100 Prozent im Eigentum der Volkswagen Holding Österreich GmbH steht. Womit auch hier das Firmengeflecht letztlich zu 100 Prozent bei der VW AG zusammenläuft.

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