Ein Ass im Ärmel

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Ein Ass im Ärmel

Betrügereien durch Mehrfachfinanzierung, früher auch in Österreich immer wieder der Fall, sind durch die Asset-Datenbank mittlerweile deutlich schwieriger geworden. Nun ist sogar eine gesamteuropäische Lösung im Gespräch.

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Es gibt Fälle, über die spricht man auch noch nach Jahren: Beispielsweise über jenen Mann, der vor ein paar Jahren mit den Zulassungspapieren eines Seat Ibiza bei mehreren österreichischen Leasing-Unternehmen auftauchte: Ob er das Auto nicht leasen könne, fragte er -und bekam gleich mehrfach ein "Ja". Insgesamt 350.000 Euro, so erzählt man sich heute in der Branche, soll der Mann auf diese relativ einfache Weise (nämlich durch das Kopieren der sogenannten COC-Papiere) ergaunert haben. Das Auto landete letztendlich in Serbien, die Leasingunternehmen schauten durch die Finger.

Ermöglicht wurde dies durch die neue Zulassungsbescheinigung: Diese wurde im Jahr 2007 eingeführt und ist -im Gegensatz zum zuvor verwendeten, hochgradig fälschungssicheren Typenschein -nicht viel mehr als ein schwarz-weißes A4-Blatt. "Da reichen ein guter Kopierer und eine bessere Papierqualität.Und ein Laie kann nicht mehr feststellen, ob die Papiere echt sind", hört man in der Branche.

Das wussten eine Zeitlang diverse zwielichtige Gestalten für ihre Zwecke zu nutzen: Der eingangs erwähnte Mann mit dem Seat Ibiza ist nur das "Paradebeispiel". Wie viel Geld insgesamt auf diese Weise "vernichtet" wurde, ist ein gut gehütetes Geheimnis. Kein Leasingunternehmen gibt schließlich gerne zu, wie oft es einem Betrüger auf den Leim gegangen ist.

Leasingunternehmen tragen Daten ein

Jedenfalls war der finanzielle Aderlass so schmerzlich, dass die Branche auf die Idee mit der Asset- Datenbank kam. Das ist ein zentrales Register, das nur bestimmten Teilnehmern offen steht: den einzelnen Leasingunternehmen, die Autos finanzieren, und den Pfandleihern, die oft kurzfristig durch die Belehnung eines Autos aus der Patsche helfen.

Wie das funktioniert? Wenn jemand ein Auto finanzieren will, tippt man die VIN (Vehicle Identification Number, früher Fahrgestellnummer) ins System ein. Gibt es einen Treffer, tauchen zahlreiche Daten zum betreffenden Auto auf. So ist der Abfrager sofort gewarnt, dass da eventuell ein Betrug im Gange ist. Natürlich wird auch die Leasinggesellschaft, die das Fahrzeug ursprünglich "eingemeldet" hat, verständigt -und weiß, wer die Abfrage getätigt hat.

Von den rund eine halbe Million Neuwagen, die in den vergangenen drei Jahren inÖsterreich geleast wurden, waren laut Angaben des Verbands Österreichischer Leasinggesellschaften (VÖL) mit Stichtag 31. August 2015 exakt 263.232 Fahrzeuge in der Asset-Datenbank erfasst -etwa ein Viertel davon sind Privatfahrzeuge, der Rest wurde von Unternehmen geleast. Allein heuer wurden inden ersten neun Monaten 154.956 neue Leasingverträge für Kfz abgeschlossen, das ist ein Plus von 7,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Von den 43 Mitgliedern, die der VÖL hat, sind 34 im Kfz-Bereich aktiv.

Mag. (FH) Wolfgang Steinmann, Generalsekretär des VÖL, will sich nicht damit zufrieden geben, dass "nur" rund 50 Prozent der neu geleasten Autos in die Asset-Datenbank "eingepflegt" werden. "Unser Ziel muss ganz klar sein, dass wir in ein bis zwei Jahren auf einen Anteil von 60 bis 70 Prozent kommen", sagt der Leasing-Experte.

Monatlich rund 15.000 Abfragen

"Es ist ganz klar, dass wir mit der Asset-Datenbank nicht nur Firmen schützen wollen, die ihre Autos leasen, sondern auch Privatpersonen", erklärt Steinmann: "Damit nicht ein Fahrzeug, das schon einmal geleast wurde, gutgläubig erworben wird." Wie groß die Asset-Datenbank mittlerweile ist, zeigt auch eine andere Zahl: Die Zahl der Abfragen, die getätigt werden, istlängst unüberschaubar geworden, denn monatlich sind es rund 15.000. Das heißt natürlich nicht, dass es sich bei jedem dieser Fälle um einen Betrug handelt, meist sind es reine Routineabfragen. Nur bei einem verschwindend kleinen Anteil steckt böse Absicht dahinter.

Verantwortlich für die Führung der Asset-Datenbank ist der KSV1870: Dort ist man mit den bisherigen Erfolgen zufrieden, verhehlt aber nicht, dass man weitere Ziele hat. "Ideal wäre es natürlich, wenn wir flächendeckend vertreten wären, wenn also alle Mitglieder des Verbands Österreichischer Leasing-Gesellschaften ihre neuen Fälle melden würden", meint Roland Führer, Geschäftsführer der KSV1870 Information GmbH: "Das wäre in jedermanns Sinn, denn da wäre die Datenbank komplett und jeder Betrugsversuch aussichtslos."

Wegen schweren Betrugs verurteilt

Wichtig ist die Datenbank auch für die Pfandleiher: "Wir haben auch in unserer eigenen Firma schon einen Betrug verhindert", sagt Karin Meier-Martetschläger, die in Wien einen alteingesessenen Betrieb führt: "Eine Kundin wollte einen VW Polo belehnen. Doch als unser Mitarbeiter die VIN eingegeben hat, hat er gleich gesehen, dass das Auto von der Porsche Bank finanziert wurde." Resultat: COC-Papiere und Kaufvertrag wurden einbehalten, die Porsche Bank verständigt -und die Polo-Fahrerin wegen schweren Betrugs und Dokumentenfälschung verurteilt. "Solche Menschen sollen die Härte des Gesetzes zu spüren bekommen", sagt Meier-Martetschläger, die auch Vorsitzende des Fachausschusses der Pfandleiher in der Wirtschaftskammer Österreich ist. Sie will demnächst auch die Autofahrerklubs "ins Boot holen". Diese könnten schon bei Ankaufstests Alarm schlagen.

Langer Weg zu europäischer Lösung

Noch in relativ weiter Ferne ist eine gesamteuropäische Asset-Datenbank: "Wir haben Ende November bei einer Tagung in Brüssel darüber gesprochen", sagt Steinmann: "Wir in Österreich wären natürlich bereit, doch einige andere Länder sind es noch nicht." Ähnliche Projekte wie bei uns gibt es derzeit nämlich nur in Deutschland und Schweden,weiß Steinmann. "Und Großbritannien ist ein Sonderfall, da existieren sogar mehrere unterschiedliche Datenbanken." Interessiert an einer Lösung sind neben der Schweiz auch Tschechien, die Slowakei und Polen.

Veranstaltet wurde die Tagung in Brüssel von Leaseurope, dem Dachverband der europäischen Leasinggesellschaften, teilgenommen haben (neben Österreich) auch die Verbände aus Frankreich, Italien, Deutschland, Großbritannien, dem Baltikum und den Benelux-Staaten. In Brüssel wurde auch über die neuesten Trends in Sachen Kriminalität gesprochen. Die positive Nachricht zuerst: Die Zahl der Autodiebstähle hat zwar abgenommen, doch es gibt auch eine negative Seite. Die Diebe werden immer professioneller. Jüngster Trick: Die Autos werden in speziellen Betrieben nicht nur in Einzelteile zerlegt, sondern auch völlig neu wiederaufgebaut. So wird die Verfolgung weiter erschwert.

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