Kopieren war gestern

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Kopieren war gestern

Chinesische SUV-Hersteller zeigten sich auf der Auto Shanghai im Aufwind: Europäische Importeure wittern weiterhin ihre Chance.

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Olivier Molody, Car Interior Design Director, strahlt, wenn er von seinem neuen chinesischen Arbeitgeber spricht: Endlich kann er seine Kreativität und BMW-Erfahrung voll ausleben im trendigen Shanghaier Technologiezentrum unweit des Peoples Square und der Ausgehmeile Xintiandi. Nur arbeitet er nicht mehr für einen deutschen Autobauer, sondern für den chinesischen SUV-Marktführer GWM (Great Wall Motors) aus Baoding in der Provinz Hebei.Und der hat im März 2015 mit 52.000 verkauften SUVs in China den braven VW Tiguan (15.510 Verkäufe) schon weit hinter sich gelassen.

Vollständige Modellpalette

Gemeinsam mit seinen zwölf internationalen Kollegen aus England, Frankreich und den USA bringt Molody zeitgemäßes westliches Fahrzeugdesign bei GWM in eine vollständige SUV-Modellpalette, die vom Kompakt-SUV bis in das gehobene E-Segment reicht.

Professioneller Messeauftritt, modernes Design und Technologiekompetenz "Made in China":"Telematic Connected", so das inoffizielle Motto der 15. Shanghaier Autoshow, die seit 2009 alle zwei Jahre -abwechselnd mit der Auto China in Beijing -für acht Tage im April die Stadt am Huangpu-Fluss zum "Neuen Detroit Asiens" kürt.

Professioneller Messeauftritt lokaler Marken

Kein peinlicher Messeauftritt chinesischer Autohersteller mit leicht bekleideten Models, tanzenden Kids hinter grottenhässlichen Autos mit schlechter Verarbeitungsqualität, großen Spaltmaßen und muffigem Innenraum -vielmehr chinesische Messepremieren auf internationalem Niveau.

Das Klischee vom dreisten Kopieren chinesischer Hersteller war gestern, heute wird intensiv am Anschluss an die deutsche Mittel-und Oberklasse in puncto Technik und Design gearbeitet. Abseits der Volumenmarken wie Geely, BYD und Great Wall gibt es zwar noch kopierwütige Nachzügler wie Landwind und Zoyte, die aber nur mehr ausschließlich Boulevard-Journalisten handlicher Tageblätter inspirieren. Der Abstand zu den etablierten internationalen Automobilkonzernen ist sehr schmal geworden und so manch deutscher Automanager in China blickt nach dem Probesitzenernst aus dem Cockpit einer chinesischen Limousine oder eines SUV.

Geely, bald der attraktivere Volvo?

Die chinesischen Hersteller haben die SUV-Begehrlichkeiten der einheimischen Autokäufer rechtzeitig erkannt und in zeitgemäße, kostengünstige Modelle umgesetzt, mit oder ohne Turbo und bis zu zwei zusätzlichen Elektromotoren als Plug-in-Hybrid. Der Crossover-Boom hat das Geschäft in den vergangenen sechs Monaten zusätzlich angeheizt.

Noch auf der Auto Shanghai 2009 wurde der damalige Geely-Präsident mit seiner protzigen Rolls-Royce-Phantom-Kopie mit Plagiate-Vorwürfen, Spott und Häme überschüttet. Sechs Jahre später betritt ein international anerkannter Design-Profi die Bühne -kein geringerer als der Ex-Volvo-Designchef Peter Horbury, der 30 Jahre für Firmen wie Ford und Volvo gearbeitet hat.

Und sein Borui (vormals GC9), ein Mittelklasse-Sedan der Emgrand-Marke, mit der Geely auch in den europäischen Markt eintreten wird, ist der erste auch für westliche Käufer attraktive Mittelklassewagen mit sportlichem Coupé-Charakter. Kein Zufall, dass der wabenförmige Grill stark an die Volvo "Universe" Concept-Studie aus 2011 erinnert -beide wurden von Horbury kreiert. In Shanghai ist der Borui seit März erhältlich. Das Einstiegsmodell mit dem 2.4-Liter-Saugbenziner mit 162 PS gepaart mit einem manuellen Sechsgang-Getriebe von DSI aus Australien ist beim Händler für 119.800 RMB (18.200 Euro) erhältlich. Die Flagship-Version (1,8 Turbo, 163 PS) mit Leder und viel Komfort-Elektronik kostet dank schwachem Euro-Kurs 26.900 Euro. Als Messepremiere hat Horbury on stage die neue Emgrand-Konzeptstudie vorgestellt, die als Premium-Kompaktlimousine in Serie gehen wird. Dieser Sedan wurde von Anfang an für den europäischen Markt entwickelt und teilt mit Volvo die gleiche Plattform. AlsAntriebsaggregate werden 1.3 T-, 1.6 T-und 1.8 T-Benziner zum Einsatz kommen.

SUV-Leader Great Wall

2014 verkaufte Great Wall 730.000 Fahrzeuge, davon 420.000 der SUV-Marke Haval. Der Bestseller Haval H6 stand 2014 im SUV-Segment an erster Stelle im OEM-Ranking. Schon im 1. Quartal 2015 steigerte Great Wall mit 220.000 Fahrzeugen den Absatz um 17 Prozent und liegt inzwischen auf Rang sieben im Ranking. Mehr als 162.000 Haval SUVs fanden seit Jänner 2015 Käufer, ein Anstieg von 99 Prozent gegenüber dem 1. Quartal 2014.

Wer den professionellen Messeauftritt von Great Wall betritt -erstmals direkt gegenüber vom Mercedesund Jaguar-Stand - und die breite Modellpalette vom Highend Haval H9, H8 und H7, hin zum Crossover H6 Coupé erblickt und inspiziert, fühlt sich von Cockpit-Design, Sitzstruktur, Interior und Haptik der Schaltelemente instinktiv an die BMW-und Audi-Bedienlogik erinnert.

Viele Details kommen Europäern vertraut vor

Die Navi-Knöpfe des Haval H8 und H9 hinterlassen von der Haptik den gleichen Eindruck wie bei VW, die Alu-Drehregler mit schwarzem Hochglanz in der Mitte sind unmissverständlich von Audi abgeschaut. Auch die gut verarbeiteten Ledersitze mit 7-Wegesitzverstellung, Lordose-Unterstützung und Sitzheizung sowiesportlicher Schulterpartie außen und Kontrastfarben innen mit den beiden geschwungenen Linien auf der Sitzfläche kommen einem deutschen Premiumfahrer vertraut vor. Die Zweizonen-Klimaautomatik ist von guter Qualität und kommt mit dem feucht-schwülen Klima in Shanghai gut klar. Das Haval H6 Coupéist ein schöner und schneller Crossover mit Panorama-Glasdach, Start-Stopp-Knopf, GPS, TPMS, elektronischer Bremse und Berganfahrassistent. Das Auto bringt dank eines 2.0-Liter-Turbobenziners satte 200 PS über ein Sechsgang-Automatik-bzw. -Schaltgetriebe auf die Straße und beschleunigt sportlichin 9 Sekunden von 0 auf 100 km/h.

Eine Klasseüber dem H6 Coupé wurde der Haval H7 vorgestellt, als Einstiegsmodell in die SUV-Oberklasse. Das H7L-Modell als siebensitziges City-SUV wird dem klassischen GL8 "Peoples-Mover" von GM Buick in Shanghai kräftig Kunden abspenstig machen.

Sehr gute Ausstattung

Das Flaggschiff-SUV Haval H8 mit ZF-Sechsganggetriebe, 217 PS und opulenter Ausstattung (Rückfahrkamera mit Einparkhilfe, Infinity 5.1 Hifi-System mit 10 Lautsprechern, kabelloses Handyladen) ist immerhin 4,8 Meter lang.

Seit 2011 arbeitet GWM mit dem Haval SUV durch regelmäßige Teilnahme an der Dakar-Rallye am Aufbau eines internationalen Images. Kein Wunder, dass das Haval H8 Dakar Racecar mittlerweile einen festen Platz auf dem GWM-Messestand hat.

Auch der SUV-Einsteiger Haval H2 mit großem Facelift ist ein Highlight auf dem Messestand: Turbopower mit 150 PS und sechsfach verstellbare Sitze für den kleinen Bruder. Am unteren Preissegment angesiedelt, wurde auf dem Messestand der Nachfolger des ehemaligen M2-Modells von Great-Wall als Einstiegs-Klein-SUV der Haval H1 positioniert.

Start in Europa steht bevor

Von allen chinesischen Herstellern war Great Wall Motors auch im Backstage-Messebereich am professionellsten: Exklusiv-Catering mit westlichen Snacks und Canapés mit Wein-und Cocktailbar.

Autoimporteure und -händler aufgepasst: 2015 könnte durchaus ein Jahr der Weichenstellung für den Europa-Markteintritt chinesischer Marken werden, sofern die Motoren die Euro-VI-Abgasnorm erfüllen und mindestens vier EuroNCAP-Sterne im Crashtest schaffen. Drei chinesische Hersteller sind in den Startlöchern für den Markteintritt in Mitteleuropa, daher wurden in Shanghai auch zahlreiche europäische Manager aus der Autobranche gesichtet, die zum Teil schon seit Jahren auf das "Go" aus China warten.

Fraglich ist jedoch, ob aufgrund des aktuell schwachen Euro -21 Prozent Aufwertung des chinesischen Renminbi seit einem Jahr -einige schrumpfende Märkte in Zentraleuropa einschließlich Österreich für chinesische Hersteller überhaupt noch attraktiv genug sind.

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