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Gefesselte Kfz-Betriebe - entfesseltes Ministerium

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Gefesselte Kfz-Betriebe - entfesseltes Ministerium

Das VP-geführte Wirtschaftsministerium ist mit dem Slogan der "Entfesselung der Wirtschaft" in den Wahlkampf gezogen. Das SP-dominierte Verkehrsministerium arbeitet daran, dass daraus nichts wird. Ein Beispiel ist die C-95-Führerscheinpflicht, die den Kfz-Betrieben auferlegt wurde und deren Sinnhaftigkeit von der Wirtschaftskammer sehr bezweifelt wird.

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Als im Jahr 2003 das Europäische Parlament eine neue Richtlinie für Berufskraftfahrer (2003/59EG) erlassen hat, konnten Österreichs Kfz-Betriebe nichts Böses ahnen. Schließlich wurde diese (wörtlich) damit begründet, dass "die Mehrheit der Berufskraftfahrer in der Gemeinschaft ihren Beruf bislang ausschließlich auf der Grundlage ihres Führerscheins ausübt. Eine obligatorische Berufsausbildung von Berufskraftfahrern ist nur in einigen Mitgliedstaaten vorgesehen." Zur "Qualitätssicherung für den Beruf des Kraftfahrers" sei ein europaweit einheitlicher Standard einzuführen, so die EU. "Darüber hinaus dürfteein moderner Arbeitsplatz bei jungen Menschen das Interesse für den Beruf des Kraftfahrers wecken, was dazu beitragen dürfte, dass Berufsanfänger den Weg in diesen Mangelberuf finden."

Umsetzung bleibt Sache der Mitgliedsstaaten

Stets war nur von Berufskraftfahrern die Rede. Auch als ergänzend ausgeführt wurde, die Regelung gelte "unabhängig davon, ob diese ihren Beruf als Selbstständige oder als abhängig Beschäftigte, im gewerblichen Güterverkehr oder im Werksverkehr ausüben". Die bereits harmonisierte Grundqualifikation für den C-Führerschein sollte für Berufskraftfahrer mit einer Weiterbildung ergänzt werden. Diese sei europaweit durch den Eintrag der Zahl 95 auf dem Kartenführerschein nachzuweisen. Die Umsetzung der Richtlinie wurde den nationalen Gesetzgebern überlassen.

Die Deutschen haben dafür ein eigenes Berufskraftfahrer-Qualifikationsgesetz geschaffen. In Österreich wurden 2009 lediglich neue Bestimmungen für Lenker von Kraftfahrzeugen gemäß §19 Güterbeförderungsgesetz 1995, § 14a Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996, § 44a Kraftfahrliniengesetz und für Lenker von Lkws im Werksverkehr von Handel, Gewerbe und Industrie erlassen.

Es wurde festgelegt, dass jeder C-Neuling mit einem Führerscheindatum nach dem 10.9.2009, der sich als Berufskraftfahrer verdingen will, künftig eine ergänzende C-95-Ausbildung zu absolvieren hat. Allerdings werde dieser Weiterbildungsnachweis erst zwischen 2014 und 2019 benötigt.

Wurde der Führerschein jedoch vor dem 10.9.2009 ausgestellt, wird ein Weiterbildungsnachweis bis spätestens 10.9.2014 benötigt. Dafür sind innerhalb von 5 Jahren genau definierte Weiterbildungen (5 Module zu je 7 Stunden, ohne Prüfung, aber mit vollständiger Anwesenheitspflicht) zu absolvieren. Bis spätestens 9.9.2014 müssen Berufschauffeure die nachgewiesenen Weiterbildungen unter dem Zahlencode "95" in ihren Führerschein eintragen lassen. Ein gutes Geschäft für alle Fahrschulen, die von den Berufskraftfahrern für diese Ausbildungspakete zwischen 700 und 900 Euro kassieren. Und ein gutes Geschäft für die Behörden, die dafür satte Gebühren vorgeschrieben haben.

Vom Abschleppen von Autos war nie die Rede

Nach wie vor dachte keiner daran, dass die Berufskraftfahrerregelung auch für das gelegentliche Abschleppen von Autos gelten soll. Dafür gibt es ja schließlich die Handwerkerregelung: Die C-95Vorschrift sollte nicht für Kfz gelten, die "zur Beförderung von Material oder Ausrüstung, die der Lenker zur Ausübung seines Berufes verwendet, und bei denen das Lenken des Fahrzeuges nicht die Hauptbeschäftigung des Fahrers ist", genutzt werden. Unklar war nur, wie bei Fahrten von Handwerksbetrieben oder zu privaten Zwecken im Falle von Kontrollen in der Praxis ein entsprechender Nachweis erfolgen soll.

Dafür wollte die Wirtschaftskammer vom Verkehrsministerium eine entsprechende Auskunft haben. Und hatte das Pech, auf den Oberrat Mag. Christian Kainzmeier zu stoßen. Als Leiter des Rechtsbereiches "Straßenverkehr" kam er im Mai 2014 zum verblüffenden Ergebnis, dass Kfz-Werkstätten auch zum gelegentlichen Abschleppen eines Autos einen Berufskraftfahrer benötigen. Dass das in Deutschland und in anderen EU-Staaten nicht nötig sei, spiele keine Rolle. Schließlich liege die Regelung der Ausnahmen von der C-95-Pflicht im Ermessen der nationalen Behörden.

Alle von der WKO vorgetragenen Argumente fruchteten nichts: "Nach Ansicht des bmvit (Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technik, Anm. d. Red.) handelt es sich bei reparaturbedürftigen Fahrzeugen weder um Material noch um Ausrüstung, das der Kfz-Techniker zur Ausübung seines Berufs verwendet. Ein beschädigtes Fahrzeug, das zu Reparaturzwecken abgeschleppt werden muss, kann nach Ansichtdes bmvit schon grundsätzlich nicht unter den Begriff "Material" (und auch nicht unter den Begriff "Ausrüstung") subsumiert werden".

"Völlig sinnlose bürokratische Belastung"

Am 21.10.2014 kam Kainzmeier "im Namen des Bundesministers" zum abschließenden Ergebnis, dass auch das gelegentliche Abschleppen nicht unter die Handwerkerregelung fällt. "Für solche Güterbeförderungen ist jedenfalls ein Fahrerqualifizierungsnachweis erforderlich". Aus der Sicht von Karl Scheibelhofer, Landesinnungsmeister von Niederösterreich, der bereits seine C-95-Ausbildung hinter sich hat, eine völlig sinnlose bürokratische Belastung, gegen die auch alle anderen Kfz-Innungen vergeblich Sturm gelaufen sind.

Damit den Kfz-Betrieben nicht langweilig wird, hat das Ministerium einen weiteren Pfeil im Köcher: Bisher galt die Regelung, dass Kfz-Mechaniker unbesetzte Autobusse bei Probefahrten mit einem C-Führerschein lenken dürfen. Das könnte sich nun ändern. Im Zuge der 16. FSG-Novelle wird daran getüftelt, dass auch dafür ein D-Führerschein erforderlich sein soll.

Bundesinnungsmeister Friedrich Nagl erhebt gerade, wie viele Betriebe betroffen wären. Denn dann müssten bei der "Pickerl"-Überprüfung nicht nur die "befugten Personen" in den Blauschild-Werkstätten, sondern auch jene in den Betriebswerkstätten diverser Busflotten zur D-Schein-Prüfung geschickt werden. Was den "Wiener Linien" möglicherweise keine besondere Freude machenwird. (KNÖ)

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