Gefährlicher Wettbewerb

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Gefährlicher Wettbewerb

Schaudernd erinnern sich Mitarbeiter bei Rewe (Billa, Merkur), Philips und Media Markt an dieüberfallsartigen Besuche der Bundeswettbewerbsbehörde. Die seit 1. März 2013 geltende Kartellrechtsnovelle könnte auch den Unternehmen der Kfz-Branche Hausdurchsuchungen bescheren. Das EU-Wettbewerbsrecht hat plötzlich Biss bekommen.

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Für Dr. Martin Eckel, Head of Competition bei der Wiener Anwaltssozietät Taylor Wessing, ist eines klar: Der Aufbau einer marktbeherrschenden Stellung ist an sich nichts Verbotenes -unzulässig ist es jedoch, diese Marktbeherrschung auszunutzen. Und da ortet Eckel im mangelnden Problembewusstsein der Konzernzentralen die Ursache vieler Probleme.

Die wesentlichste Wettbewerbsbeschränkung liegt darin, dass sich alle Kfz-Hersteller sogenannter "selektiver Vertriebssysteme" bedienen. Es handelt sich um Netze gleichartiger Verträge, mit denen die Kfz-Betriebe von den einzelnen Lieferanten zum Verkauf ihrer Markenware autorisiert werden. Nur diese Händler werden beliefert; wereinen Weiterkauf an Unternehmen außerhalb dieses Netzes wagt, fliegt selbst aus dem Netz.

Was fällt unter das Kartellverbot?

Grundsätzlich wäre das den Kfz-Produzenten durch Artikel 101, Absatz 1 des EU-Vertrages (AEUV) verboten. Vor allem dann, wenn derartige Vertriebsnetze eine "Einschränkung des Absatzes" oder "unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An-oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen" bezwecken. Auch die "Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern" fällt unter dieses Verbot.

Doch da gibt es den Artikel 101, Absatz 3: Der erlaubt unter bestimmten Bedingungen Ausnahmen, und zwar wenn die "abgestimmten Verhaltensweisen" zur "Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen". In derartigen Fällen übertrifft der Nutzen des Vertriebssystems den Nachteil der damit verbundenen Wettbewerbsbeschränkung.

Bei dieser Ausnahme gibt es jedoch wieder zwei Einschränkungen: Es dürfen den Händlern keine Einschränkungen auferlegt werden, die "für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerlässlich sind". Die Händlerverträge dürfen auch nicht so gestaltet werden, dass sie den Lieferanten "die Möglichkeit eröffnen, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten".

Importeure als Konkurrenten ihrer Kunden

Hier wird es in der Praxis haarig. Vor allem deshalb, da faktisch alle Kfz-Importeure auch Endverbraucher beliefern. Einerseits durch die eigenen Niederlassungen, anderseits durch Vertragsklauseln, mit denen sie sich den Verkauf an bestimmte Kundengruppen - z. B. Behörden, Diplomaten etc. -selbst vorbehalten. Sie sind damit direkte Konkurrenten ihrer Kunden, also der Autohäuser und Markenwerkstätten. Unter diesen Umständen kommt die von den Importeuren gepflegte "Marktbeobachtung" mit dem Kartellrecht leicht in Konflikt. Vor allem, wenn Lieferanten betriebswirtschaftliche Daten von den Händlern und Werkstätten "absaugen", um sie dann selbst als Konkurrenten ihrer Kunden zu nutzen. Da bewegen sich manche Autoimporteure in einer rechtlichen Grauzone, die auch durch die Einschaltung externer "Gehilfen" - etwa in der Marktforschung -nicht legalisiert wird.

Regeln gelten auch für die kleineren Marken

Bisher haben sich einige Importeure bei ihrem Marketingkonzept auf die sogenannte "de-minimis"-Regelung ausgeredet: Bei einem Marktanteil unter 5 Prozent sind alle sonst geltenden Wettbewerbsbeschränkungen zulässig. Mit dieser Ausrede ist es seit 1. März vorbei: Zwar wurde die Grenze auf 10 Prozent angehoben -doch dafür müssen nun auch die kleineren Marken die sogenannten "Kernbeschränkungen" berücksichtigen.

So ist es jedem Lieferanten verboten, einem Händler Wiederverkaufspreise, Mindestpreise, Handelsspannen oder Rabatte zu diktieren. Unverbindliche Preisempfehlungen sind aber zulässig. Auch Preisaktionen müssen vom Händler ausgehen: Die Festsetzung von Aktionspreisen durch den Importeur ist laut diesen Regelungen ebenso wie die Aktionsexklusivität unzulässig. Aktionsstützungen durch den Lieferanten sind jedoch erlaubt - wenn die Aktion vom Händler ausgeht.

Die Prüfung, ob ein Wettbewerbsmissbrauch vorliegt, haben die Unternehmen jedenfalls selbst vorzunehmen. Dabei hilft ihnen die sogenannte "Gruppenfreistellungsverordnung" (GVO). In ihr wird definiert, was unter einem "selektiven Vertriebssystem" zu verstehen ist. Sie legt fest, unter welchen näheren Voraussetzungen Vertriebsbindungen vom Kartellverbot des Artikel 101 "freigestellt" sind. Eine derartige generelle Freistellung gibt es allerdings nur bis zu einem Marktanteil von 30 Prozent.

Bereits vorbeugend Rat einholen!

Darüber -wie etwa bei der Porsche Gruppe -ist eine "Gruppenfreistellung" ausgeschlossen. Es erhebt sich daher die Frage, woran sich der Importeur bei der Zulässigkeit von Wettbewerbsbeschränkungen zu orientieren hat. "Das Spannende am Kartellrecht ist, dass bei manchen Verhaltensweisen nicht klar ist, ob sie unzulässig sind oder nicht", verweist Eckel auf die Notwendigkeit, bereits vorbeugend fachkundigen Rat einzuholen.

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