Der Unbelehrbare

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Nur wenige Geschädigte machen sich die Mühe, Gutachter für falsche Gutachten zur Verantwortung zu ziehen. Wie mühsam das ist, konnte Kfz-Meister Ernst Moreau aufgrund eines falschen Gerichtsgutachtens des Dipl.-Ing. (FH) Gerhard Kronreif im Laufe der vergangenen fünf Jahre erleben.

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Im Jahr 2000 hatte ein stolzer Skoda-Besitzer das Pech, in einen Hagel zu geraten. Und er hatte das Glück, bei der Allianz kaskoversichert zu sein. Moreau reparierte und lackierte das Auto. Alles war in Ordnung. Sieben Jahre später hatte dieser Skoda erneut Pech: Es stürzte ihm eine Schneelawine aufs Dach. Und sein Besitzer hatte das Pech, weiterhin bei der Allianz versichert zu sein. Helmut Schweighofer von der Top Report Schadensbesichtigung schaute sich für die Allianz kurz das Auto an und lehnte eine Kaskoreparatur ab. Die Risse im Lack des Skoda-Daches seien keine Folge der Dachlawine, sondern "infolge nicht fachgerechter Hagelschadenreparatur aus dem Jahr 2000" entstanden.

Sachverständiger falsch eingesetzt?

Der Allianz-Geschädigte verlangte aufgrund dieser Schadenexpertise nunmehr von Moreau 413,-Euro Reparaturkosten. Und er hatte mit seiner Klage neuerlich Glück: Denn das Gericht bestellte Gerhard Kronreif zum Sachverständigen. Ein anerkannter Verkehrsunfallexperte, der jedoch mangels entsprechender Berufspraxis weder für Kfz-Reparaturen noch für Kfz-Lackierungen zuständig ist. Deshalb scheint er für diese Fachgebiete auch nicht in der vom Justizministerium erstellten Sachverständigenliste auf. Allerdings genießt er das uneingeschränkte Vertrauen der Salzburger Justiz, so auch das des Saalfeldener Bezirksrichters Dr. Günter Neuhauser.

Der machte am 17.10.2007 kurzen Prozess. Er beauftragte Kronreif, sich noch während der Verhandlung das Skoda-Dach anzusehen. Der konstatiert eine großflächige Delle und machte eine kurze Schichtdickenmessung. Danach kam er zum Ergebnis, dass der Lack eines ordnungsgemäß reparierten Daches eine Schneedachlawine rissfrei überstanden hätte. Worauf der Richter aufgrund dieses Gutachtens den protestierenden Moreau per Vergleich zur Dachreparatur und zum Kostenersatz verpflichtete. Einschließlich jener 600,-Euro, die Kronreif für seine halbstündige Präsenz im Gerichtssaal in Rechnung gestellt hatte.

Der in der Verhandlungüberrumpelte Moreau ließ Kronreifs Expertise vom Lack-Guru Johann Hattinger überprüfen. Der nahm das Dach genauer unter die Lupe. Er legte 28 Messpunkte für die Schichtdickenmessung fest. Die im Beisein des Landesinnungsmeisters Peter Schaufler durchgeführten Messungen ergaben, dass zur genauen Schadensanalyse eine Zerstörprobe unbedingt erforderlich ist. Ein assistierender Anwendungstechniker der Firma Sikkens führte daraufhin an drei verschiedenen Stellen eine Schleifprobe bis zum Grundmaterial und zum Blech durch, um so die Dachverformungen besser ersichtlich zu machen.

Gutachten umfasste 14 Seiten

Hattingers penible Untersuchung ergab, dassüber die Originalwerkslackierung noch vor dem Hagelschaden zweimal darüber lackiert wurde. "Aus welchem Grund konnte nicht abgeklärt werden." Insgesamt kommt sein Gutachten auf 14 Seiten zum Ergebnis, dass an dem Skoda "keine unsachgemäße Hagelschaden-Instandsetzung" durchgeführt wurde. Nun wollte Moreau von Kronreif den von seinem Gutachten verursachten Schaden ersetzt bekommen. Der wehrte sich: Ihm seien hunderte Dachlawinen bekannt, die bei deutlich massiveren Dachverformungen zu keinen Lackrissen geführt hätten. Zum Schiedsrichter wurde der Bundesinnungsmeister der Karosseriefachbetriebe Arthur Clark erkoren, der den Streitteilen den Lack-Sachverständigen Walter Janisch zum Schiedsgutachter vorschlug. Dessen Kosten sollte die unterlegene Partei tragen. "Dieser Entscheid gilt als unanfechtbar und die Parteien erklären sich bereit, keine weiteren gerichtlichen Schritte in dieser Sache zu unternehmen", ließ sich Clark von beiden Seiten unterschreiben.

Janisch kam zum Ergebnis, dass Moreaus Dachreparatur "mit an größter Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" fachgerecht durchgeführt wurde. Eine spätere mechanische Verformung sei für die Rissbildung verantwortlich. Kronreifs gerichtliche Ausführungen seien "technisch nicht einwandfrei nachvollziehbar".

Nur der Klagsweg blieb offen

Kronreifs Reaktion: Das Gutachten Janischs sei falsch und wegen "der sich jedem sachkundigen unbefangenen Betrachter sofort aufdrängenden qualifizierten Unrichtigkeit nicht bindend". Deshalb werde er weder Janisch noch Moreau irgendwas zahlen.

Nun blieb Moreau nur noch der Klagsweg offen. Kronreifs Gutachten landete auf diesen Weg erneut bei Gericht. Der Beklagte wehrte sich mit einem Privatgutachten seines alten Freundes Johann Pfarrkirchner. Dieser bezweifelte anhand einer vom Kfz-Sachverständigen Werner Resch zur Verfügung gestellten BMW-Reparaturanleitung die Richtigkeit der Hattinger-und Janisch-Gutachten.

Der Salzburger Richter Dr. Christoph Ganzera bestellte den Tiroler Lack-Sachverständigen Anton Mayr zum Gutachter. Der nach Prüfung aller Gutachten zum Ergebnis kam, dass dem Schiedsgutachten Janisch "aus unparteiischer Sicht kein Fehler angelastet werden kann". Die Rissbildung ist "mit an größter Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch mechanische Einwirkung von außen entstanden". Was am 22. März 2013 zu dem Urteil führte, dass Moreaus Forderung "dem Grunde nach zu Recht besteht". Über die Höhe des Schadens muss daher noch weiter verhandelt werden.

Kronreifs Hoffnung, dass der aus seinem falschen Gutachten resultierende Schaden schon verjährt sei, hat sich ebenfalls nicht erfüllt. Denn die Schlichtungsbemühungen der Innung haben diese Frist gehemmt. Womit auch die Bundesinnung hoffen kann, die von ihr vorweg ausgelegten Kosten des Janisch-Gutachtens von Kronreif endlich ersetzt zu bekommen.

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