Streichers letzter Streich

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Streichers letzter Streich

Durch den Verkauf von Steyr Motors an einen chinesischen Finanzinvestor soll eine komplett neue Unternehmensgruppe entstehen: Das Management rund um Geschäftsführer bleibt erhalten. Bisheriger Mehrheitseigentümer war Rudolf Streicher.

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Genau 20 Jahre ist es her, dass sich der damals als Verkehrs-und Wirtschaftsminister amtierende "rote" Wirtschaftszampano Dr. Rudolf Streicher um das höchste Amt im Staat beworben hat. Er unterlag gegen den "schwarzen" Straßenbahnersohn Dr. Thomas Klestil, der von der ÖVP ins Rennen geschickt wurde. Eine der wenigen Niederlagen, die Streicher in seiner Karriere einstecken musste.

Rückblickend sind es drei "Märchen", die Streicher im Gespräch mit "AUTO&Wirtschaft" richtig stellen möchte:

Erstens, dass die Verstaatlichte schlechte Manager hatte.

Zweitens, dass die Verstaatlichte subventioniert war. Drittens, dass er die Steyr-Werke verkauft hat.

Märchen, die aus seiner Sicht mit der Realität nichts zu tun haben. Er bucht es auf sein Konto, dass in der Verstaatlichten der frühere Proporz beseitigt wurde. "Sonst hätte es dort an der Spitze nie den tiefschwarzen Ludwig von Bogdandy gegeben." Einer der führenden Wissenschaftler der Eisen-und Stahlbranche, den Streicher 1988 von der Spitze der Klöckner Werke zur VOEST abgeworben hatte.

Ohne den Staat wäre es nicht gegangen Mit riesigen Schlagzeilen wurde vor 25 Jahren propagiert, dass sich viele verstaatlichte und halbstaatliche Unternehmen in Krisenzeiten nur mit massiver Hilfe aus Steuergeldern am Leben erhalten konnten. Einschließlich des heutigen Böhler-Bereiches soll der Staat den Stahlwerkern mit 6,3 Mrd. Schilling ausgeholfen haben. "Die haben das alles nur als Kredite bekommen", sagt Streicher. Milliarden, die spätestens mit der Privatisierung in die Staatskasse zurück geflossen sind.

Völlig ungeklärt ist bis heute, wie es zum Verkauf der SDP kam. Bereits als Wirtschaftsminister war Streicher einer der Motoren der Privatisierung. In seiner Zeit gelang es einer Spezialtruppe seines Ministeriums sogar, angeschlagene Privatunternehmen wie die IFE, Bauknecht oder Glanzstoff aufzufangen und nach erfolgreicher Sanierung verkaufsreif zu machen. In seine Zeit fielen auch die Management-Buyouts der maroden Werke in Berndorf und Ranshofen, ein zum damaligen Zeitpunkt einzigartiges Vorhaben. So war es naheliegend, Streicher auch zum Mastermind des Magna-Verkaufs zu machen. "Steyr wurde ohne mein Wissen verkauft, obwohl ich damals Vorstandsvorsitzender war." Dieser Deal ist nach Streichers Erfahrungen "einer der eigenartigsten Vorgänge in der österreichischen Industriegeschichte". Dr. Erich Hampel war damals Vorstandschef der Creditanstalt, der Zweidritteleigentümerin der SDP. Er informierte Anfang 1998 Streicher lakonisch, dass er einen neuen Chef bekomme: Frank Stronach.

War der Kaufpreis zu niedrig?

"Wir hatten in diesem Jahr 1,1 Milliarden Cashflow", war Streicherüber den Kaufpreis von 3,2 Milliarden verblüfft. Vor allem, da er als Leobner Universitätsprofessor seinen Studenten stets den sieben-bis achtfachen Jahrescashflow als Unternehmenswert gepredigt hat. Verblüfft war damals nicht nur Streicher, sondern auch sein alter Freund Dr. Hannes Androsch, der sich mit einer österreichischen Industriellengruppe selbst um die SDP bemüht hatte. Ein Interesse, das Magna letztlich zwang, den bereits fixierten Preis auf 4,5 Milliarden Schilling nachzubessern. Was Stronach jedoch nicht hinderte, Streicher bei der SDP weiterhin den Vorstandsvorsitz anzubieten. "Ich hatte eine Klausel, dass ich bei einem Eigentümerwechsel aussteigen kann", zog Streicher die ihm dabei zustehende Abfertigung einer eher unsicheren Magna-Zukunft vor. "Mit der Weisheit des Rückblicks hat sich der Verkauf bewährt." Denn nur ein Jahr später konnte Rudolf Streicher als Generaldirektor der Österreichischen Industrieholding AG seine "märchenhafte" Karriere als österreichischer Industriezampano erfolgreich abschließen. (KNÖ)

Die "M1"-Story

Die lange Geschichte eines Motors und was daraus werden soll.

"Rudolf Streicher hat sich vor Jahren als ehemaliger Generaldirektor von Steyr Daimler Puch die Firma Steyr Motors unter den Nagel gerissen", kommentierte ein Leser am 8. Oktober 2012 in den "Oberösterreichischen Nachrichten" Streichers Ausstieg aus der Motorenschmiede. Unerwähnt blieb dabei, dass diese ohne Streichers Engagement das Jahr 2001 nicht überlebt hätte. Das 2001 als Motorenentwicklungsges.m.b.H. von Rudolf Mandorfer gegründete Unternehmen ist ein Relikt einer frühen 50:50-Ehe der Steyr Daimler Puch AG (SDP) und der Bayerischen Motoren Werke AG (BMW). 1976 propagierte die AVL List das Konzept eines Leichtdieselmotors mit Direkteinspritzung, bei dem Motorblock und Zylinderkopf aus einem Stück bestehen.

Kostengünstigere Produktion kam nicht zustande

Damit wird ein derartiger Motor druck- und temperaturmäßig höher belastbar - und er lässt sich kostengünstiger produzieren. Er sollte von den beiden Lizenznehmern zur Serienreife gebracht und als "M1" in einem dafür zu errichtenden Werk in Steyr für neue BMW-Modelle vom Band laufen. "Die Fabrik war fertig, aber der Motor noch nicht", erinnert sich Streicher an die Trennung der beiden Partner. BMW entschloss sich daher, die Fabrik zu 100 Prozent zu übernehmen, um dort die selbst entwickelten Wirbelkammermotoren zu produzieren. SDP führte das Projekt in der dafür gegründeten Steyr Motorentechnik GmbH allein weiter. Dieser ist mit BMW allerdings der einzige Großabnehmer abhanden gekommen. M1 war seither in Steyr ein ungeliebtes Kind, das schon 1991 vor dem Zusperren stand. 1992 kehrte Streicher zur SDP zurück. "Er gab uns ein halbes Jahr, den Turnaround zu schaffen", erinnert sich Mandorfer. Die gekündigten Techniker wurden wieder eingestellt. So gelang es, neben Kunden aus Marine und Militär auch die russischen GAZ-Werke für eine Lizenzproduktion zu gewinnen. Große Hoffnungen setzte er auf die koreanische Daewoo-Gruppe, die sich als Lizenznehmerin in Polen um entsprechende Produktionsanlagen umsah. 1998 trudelte sie durch Bilanzfälschungen des Firmengründers in die Krise. Mandorfer musste sich erneut auf Kundensuche begeben.

"Stronach wollte nur die Motorenentwicklung behalten"

Magna als neuer Eigentümer konnte mit der Kleinserienproduktion in Steyr nichts anfangen. "Stronach wollte lediglich die Motorenentwicklung behalten." So wurde Mandorfer 2001 von Magna angewiesen, "zu schließen oder zu verkaufen". Als Alternative bot sich ein Management-Buyout an. Dieses sollte mit Ersparnissen und Krediten finanziert werden. In diesem Moment stieß Streicher als Partner dazu und sorgte im Zuge einer Kapitalerhöhung für die erforderliche Liquidität. "Mandorfer ist die Seele des Unternehmens. Wir haben uns sehr gut ergänzt." So war es für Streicher im Oktober 2012 nach 11 Jahren Motorenentwicklung und Kleinserienproduktion "ein Gebot der Stunde, von der Nische zur Großserie zu kommen". Mit dem neuen chinesischen Eigentümer sollte dies durchaus möglich sein. Deren Konzept ist es, Steyr als Entwicklungszentrum weiter auszubauen und die Serienfertigung -etwa des neuen, kleinen Zweizylinders -kostengünstig in China aufzuziehen. Wobei Streicher als Beirat und Mandorfer als Geschäftsführer für die Umsetzung dieses Konzeptes zu sorgen haben.

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