Mobilität im Fadenkreuz

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Mobilität im Fadenkreuz

Das Auto steht unter politischem und medialem Dauerbeschuss. Rationale Argumente bleiben dabei auf der Strecke. Wann entschließt sich die Branche zur "Allianz für das Auto"?

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500 Euro pro Anonymverfügung, 200 Euro bei einem "persönlichen" Strafzettel: Das sind keine Kommastellenfehler, sondern die jüngsten Pläne der Bundesregierung. Diese will per 1. Jänner 2013 die Höchstsummen für Verkehrsstrafen deutlich erhöhen. Anonymverfügungen könnten damit doppelt so teuer kommen wie bisher,die Obergrenze für Organmandate würde gar versechsfacht. Begründet wird das mit dem Streben nach "Verwaltungsvereinfachung" - ein Hohn, meint Experte Mag. Martin Hoffer vom ÖAMTC. Er erinnert an die Verdreifachung des Strafrahmens für Anonymverfügungen im Jahr 2002. Damals sei ebenfalls nur von einer Verwaltungsmaßnahme ohne tatsächliche Straferhöhung die Rede gewesen: "Wie vom ÖAMTC befürchtet, wurden kurze Zeit später aber auch die Strafsätze für relativ leichte Verkehrsübertretungen angehoben." In Zeiten knapper Budgets beim Autofahrer abzukassieren, ist keineswegs neu. In den vergangenen Monaten wurde aus politischen Einzelmaßnahmen aber ein regelrechtes Crescendo an autofeindlichen Maßnahmen.

Vom Parkpickerl zum Fahrverbot

Mit populistischer Unterstützung des Wochenmagazins profil ("Das Auto ist laut, stinkt, frisst Platz und zerstört Leben") dehnte die Wiener Stadtregierung seit dem Frühjahr die "Parkraumbewirtschaftung" auf beinahe das gesamte Stadtgebiet aus - mit dem Ergebnis, dass für Pendler de facto ein Parkverbot gilt. Anrainer müssen ohne jede öffentliche Mehrleistung (schließlich wird ihnen ja kein Parkplatz garantiert) jährlich 150 bis 180 Euro zusätzlich an das Stadtsäckel abliefern. Für Wiens grüne Verkehrspolitiker ist es damit freilich nicht getan: Im nächsten Schritt sollen großflächige Fahrverbote erlassenwerden. Schon Mitte 2013 könnte es in Wien "Umweltzonen", also Gebiete mit einem von der Fahrzeugabgasklasse abhängigen Einfahrtsverbot, geben. Zum Jahreswechsel wird laut Verkehrssprecher Rüdiger Maresch eine "Studie zur Umsetzbarkeit" durchgeführt - eine vielleicht allzu offenherzige Antwortin einem Zeitungsinterview, denn unmittelbar danach war die grüne Pressestelle bemüht, die Aussagen herunterzuspielen.

Unheilvolle Polit-Allianzen

Dass in Graz der Vorstoß zu einer "Umweltzone" bei einer Bürgerbefragung mit klarer Mehrheit abgelehnt wurde, bringt die Grünen nicht von ihrem ideologischen Feldzug ab. Parteichefin Eva Glawischnig fabuliert lieber von "asthmakranken Kindern", ausgelöst durch die Grazer Dieselfahrzeuge - und erklärt die Verkehrspolitik zu einem Thema, das angesichts der wenig begeisterten Bevölkerung eben nicht für "direkte Demokratie" geeignet sei.

Es sind freilich nicht nur die Grünen, die gegen das Auto mobil machen: In Wien geht ihnen die rote Regierungsmehrheit zur Hand, in Graz war es der schwarze Bürgermeister. ÖVP-Umweltminister Nikolaus Berlakovich hat mit seiner "Immissionsschutzgesetz-Luft-Abgasklassenkennzeichnungsverordnung" die Einführung von Umweltzonen überhaupt erst ermöglicht.

Zuletzt hat der populistische Vorstoß des VCÖ, man möge doch "Steuerprivilegien" für Firmenfahrzeuge abschaffen, in der Bundesregierung keinerlei Widerspruch ausgelöst: Kein Wunder, zeigt der vom Verkehrsministerium als "Advocatus Diaboli" mitfinanzierte "Verkehrsclub" damit doch eine weitere Möglichkeit zum Abkassieren auf.

Wer hält öffentlichkeitswirksam dagegen, dass Firmenautos als einziges Betriebsmittel nicht zur Gänze steuerlich abgesetzt werden können? Dass beispielsweise in Deutschland alle betrieblich genutzten Fahrzeuge vorsteuerabzugsfähig sind, hierzulande aber nur eine Handvoll recht willkürlich ausgewählter Modelle? Wer erklärt in den Breitenmedien, dass der Pkw-Verkehr nur für 5 Prozent aller Feinstaubemissionen verantwortlich ist? Dass der CO2-Flottenausstoß trotz steigender Neuzulassungen seit Jahren kontinuierlich sinkt?

(K)ein Autoland

"Wir müssen in Österreich sehr aufpassen, dass wir in Sachen Auto nicht den Ast absägen, auf dem wir sitzen", mahnt Dr. Felix Clary und Aldringen, neuer Vorsitzender des Arbeitskreises der Automobilimporteure. Jeder 8. österreichische Arbeitsplatz hänge direkt vom Automobil ab. "Damit haben wir fastVerhältnisse wie in Deutschland, wo es jeder 7. Arbeitsplatz ist." Vom österreichischen Selbstverständnis als "echtes Herstellerland", das der Ex-Chef von BMW Austria beschwört, kann bisher freilich nicht die Rede sein. Wie gegensteuern?"Ich hoffe, dass wir mit der zweiten Staffel unserer Fernsehreihe "Autofocus" etwas bewegen können", meint Clary. Darüber hinaus will der Importeursarbeitskreis die (in der Industriellenvereinigung naturgemäß guten) Kontakte zum Wirtschaftsminister nützen, allerlei Lobbying betreiben -nicht aber mit dem "Starlobbyisten" Wolfgang Rosam, den das Bundesgremium des Fahrzeughandels ins Spiel gebracht hat: Dessen Konzept sei inhaltlich nicht überzeugend und überdies zu teuer, heißt es seitens der Kritiker. Überdies sei ausgerechnet Wien, wo Rosam seit Langem im Auftrag des Landesgremiums tätig sei, Vorreiter in Sachen Autohetze.

Schweiz als Vorbild?

Unterdessen gibt es Beispiele für erfolgreiches Lobbying, das weder die Kosten sprengt noch an parteipolitischen Grenzen halt macht - zum Beispiel in der Schweiz, wo die Importeursvereinigung "Auto Suisse" vor den letzten landesweiten Wahlen die Politiker nach ihrer "Autofreundlichkeit" bewertet hat. Dazu wurde erhoben, wie sichdie Mandatare bei 26 verkehrsrelevanten Abstimmungen verhalten hatten. Neu aufgestellten Kandidaten wurde ein von Spezialisten ausgearbeiteter Fragebogen zugesandt. Daraus resultierten 170 "empfohlene" Politiker, die im Internet sowie mit einer eigens gestarteten Medienkampagne präsentiert wurden.

"Geht an die Urnen und wählt die richtigen Leute, statt die Faust im Sack zu machen und sich weitere vier Jahre lang über autofeindliche Entscheide zu ärgern", beschreibt der Schweizer Interessenvertreter Andreas Burgener die Strategie hinter der Kampagne: Angesichts der Wahlergebnisse sei dieses Kalkül auch aufgegangen.

Die Reihen schließen

Was in der Schweiz funktioniert, ist inÖsterreich nicht zwangsläufig ein Erfolgsrezept. Doch die bestechend einfache Idee unserer Nachbarn hätte es verdient, näher betrachtet zu werden. Insgesamt führt kein Weg daran vorbei, dass Importeure und Händler, aber auch nahestehende Gruppierungen von den Autofahrerklubs bis hin zu Verkehrswissenschaftlern näher zusammenrücken: Eine "Allianz für das Auto" ist das Gebot der Stunde - gerade in Zeiten, in denen die individuelle Mobilität ohnehin schon von den schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen behindert wird.

Vielleicht ist der Wechsel an der Spitze der Automobilimporteure eine Gelegenheit für einen Aufbruch zu einer breit angelegten Interessenvertretung. Der Branche und den Autofahrern ist es zu wünschen: Die besten Argumente nützen ihnen nämlich nichts, wenn sie ungehört verhallen.

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