Herzmanovsky und das rote Pickerl

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Herzmanovsky und das rote Pickerl

Oldtimerfreunde bekommen für 90 Euro eine Urkunde, dass ihr Fahrzeug in der Liste "historische Fahrzeuge" aufscheint

Österreichs Werkstätten wurde mit der Erfindung des "roten Pickerls" ein faules Ei gelegt. Sie übernehmen bei derartigen §-57a-Überprüfungen zusätzliche Haftungen, ohne von ihren Kunden dafür extra entlohnt zu werden.

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Die SV Union hat dem Verkehrsministerium bereits eine KFG-Novellierung vorgeschlagen, mit der sich die Verkehrszulassung derartiger Fahrzeuge wesentlich vereinfachen ließe. Doch so einfach scheint das nicht zu gehen.

Der Schriftsteller Friedrich Ritter von Herzmanovsky-Orlando war berühmt für seine Psychogramme österreichischer Beamtenseelen. Etwa des pensionierten kaiserlichen Hofzwerges Zefises Zumpi im Rang eines Hofsekretärs, der seine verantwortungsvolle Tätigkeit im Hoftrommeldepot entfaltete. Ähnliches findet sich auch heute noch -etwa in Form dieser "roten Pickerl"zur verantwortungsvollen Verwaltung sogenannter Oldtimer.

Liste historischer Fahrzeuge wurde eingestellt

In §1 Absatz 1 Ziffer 43 KFG hat der Gesetzgeber diese "historischen Fahrzeuge" gesetzlich definiert. Als erhaltungswürdige, nicht zur ständigen Verwendung bestimmte Fahrzeuge. Entweder jene mit Baujahr 1955 und davor oder jene, "die älter als 30 Jahre sind und in die vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie approbierte Liste der historischen Fahrzeuge eingetragen wurden (§ 131b)". Dieser §131b KFG ist der Geburtshelfer eines "Beirats", dessen einzige Aufgabe darin besteht, Empfehlungen zur Eintragung in obige Liste abzugeben. Die war vor vielen Jahren eine Erfindung von Komm. Rat Franz Steinbacher. In ihr waren alle historischen Fahrzeuge vor 1955 erfasst. Eurotax hat sie später jährlich um jene Fahrzeugmodelle ergänzt, die gerade ihren dreißigsten Geburtstag feierten. Herausgegeben als dünnes, rotes Büchlein, wurde dieses durch den jährlichen Zuwachs an Jubilaren langsam zu einer 1.565 Seiten dicken Schwarte. Bis Eurotax 2017 entschied, dass solch ein Verzeichnis kein zeitgemäßer Verkaufsschlager ist. Es wurde kurzerhand eingestellt.

Tatsächlich ist eine derartige Liste "historischer" Fahrzeuge gar nicht mehr notwendig, da ohnehin alle Fahrzeuge mit einem Alter über dreißig Jahren in die Liste aufzunehmen sind. Denn es gibt keine Argumente, warum ein dreißigjähriger VW im Sinne des KFG "erhaltungswürdig" ist, einem gleich alten Peugeot, Ford oder Fiat diese Ehre zu verweigern wäre. Weshalb Deutschland schon längst keine solche Liste mehr braucht. Jeder, dessen Auto älter als dreißig Jahre ist, bekommt eine Zulassung als "historisches Fahrzeug" im Sinne unseres KFG. Mit einem "H" am Ende der Nummerntafel ist es für jeden Polizisten sofort als solches erkennbar.

Umfangreicher Beirat entscheidet

Die Eurotax-Entscheidung wäre der passende Zeitpunkt zum Abschied von dieser archaischen Liste gewesen. Doch Österreichs Beamtenseelen scheinen sich nur schwer von lieben Gewohnheiten - wie einer amtlich approbierten Liste -trennen zu können. Noch dazu, da gesetzlich für diese Liste extra dieser §-131-Beirat geschaffen wurde. Der zu überwachen hat, dass sich kein jüngeres Modell - noch vor dem Erreichen der dreißigjährigen Oldtimer-Reife - in diese Liste hineinschummelt. Sechzig Mann hoch ist dieser Beirat, der aus allen Ecken der Beamtenschaft zusammengetrommelt wird: aus dem Wissenschafts-, Umwelt- und dem Verkehrsministerium, aus der Wirtschafts- und Arbeiterkammer, aus den Autofahrerverbänden, den Versicherungsunternehmen und der Fahrzeugindustrie, den beamteten Sachverständigen der Landesregierungen und natürlich aus all jenen Vereinen, die sich um die Förderung historischer Fahrzeuge verdient machen.

All diesen Beiratsmitgliedern sollte eigentlich für ihre Mühen ein Titel verliehen werden. Herzmanovsky war da sehr kreativ - man denke etwa an seinen K&K Hofohrlöffelchenschmied. Unsere Ministerialen haben sich bloß mit der Erfindung eines "roten Pickerls" begnügt. Mit denen können Oldtimer trotz hoher Abgaswerte künftig in jenen gefährdeten Stadtteilen herumkutschieren, in welche sonst nur besonders saubere Autos rein dürfen. Das sind jene Zonen, die es in Österreich -im Unterschied zu Deutschland - gar nicht gibt. Und die es gemäß den Beteuerungen unseres Verkehrsministers Norbert Hofer auch in Zukunft nicht geben wird.

 Österreichs Autofahrern wurde das rote Pickerl mit dem Argument schmackhaft gemacht, dass dieses aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarung auch von den deutschen Behörden anerkannt wird. Laut Steinbacher waren (dank lautstark kolportierter deutscher Fahrverbote) 7.800 Oldtimerfans bereit, dafür zusätzliche Gebühren zu berappen.

Doch dann kam im November von Hofers deutschem Kollegen die trockene Antwort: Das rote Pickerl wird in Deutschland nicht anerkannt. Ein spezielles Abkommen sei überdies nicht erforderlich. "Wir halten die Hinterlegung einer Kopie der Zulassungsbescheinigung zum Nachweis eines historischen Fahrzeuges hinter der Windschutzscheibe für ausreichend." Die Deutschen verlassen sich offenbar darauf, dass ihre Beamten ausreichend geschult sind, anhand der Zulassungsdaten die im Gesetz verankerten dreißig Jahre - als Voraussetzung für die damit verbundenen Ausnahmeregelungen - selbst zu errechnen.

In Deutschland geht es einfacher

Wer glaubt, Österreichs Ministerialbürokratie würde ob dieser einfachen deutschen Regelung die Waffen strecken und diese Oldtimerliste einfach abschaffen, der irrt. Sicherlich hätte der dafür zuständige Ministerialrat Dr. Wilhelm Kast diesen administrativen Luxus bereits mit der 36. KFG-Novelle eliminieren können. Doch er fürchtet die Rache der damit um Amt und Würden geprellten Zwerge, deren gesetzliche Beiratsaufgabe einzig und allein die Pflege dieser Liste ist. Und jene Riesen des "Kuratoriums Historische Mobilität Österreichs"(KHMÖ), das um schlanke 90 Euro eine Urkunde darüber ausstellt, dass ein dreißig Jahre altes Fahrzeug den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend in der approbierten Liste "Historische Fahrzeuge" aufscheint. Damit die Behörde anhand dieser Urkunde dem Zulassungsbesitzer ein "rotes Pickerl" ausstellen darf. Das einem des Lesens unkundigen Beamten dann signalisiert, dass dieses Auto jene dreißig Jahre alt ist, wie dies bereits im Zulassungsschein vermerkt ist. Als Voraussetzung für die damit verbundenen Ausnahmeregelungen des KFG.

Warten auf die 37. KFG-Novelle Kast fürchtet im Falle eines legislativen Husarenrittes - der Abschaffung dieser Liste -das Geschick Herzmanovskys "Gaulschreck im Rosennetz". Der hat ja bekanntlich kein gutes Ende genommen. Doch es gibt eine Alternative. Das Gesetz folgt der Politik - für FP-Minister Hofer vielleicht kein Neuland - und schafft in Angleichung an die deutsche Rechtslage diese unnötige Liste ab. Zur Entbürokratisierung und zur Entlastung des Steuerzahlers, da keiner mehr für eine völlig überflüssige Bestätigung etwas zu zahlen hätte. Gleichzeitig lässt das Gesetz den Beirat des §131b KFG am Leben und verschafft ihm neue Aufgaben. Schließlich gibt es für dieses honorige Gremium zur Pflege der historischen Mobilität wichtigere Aufgaben, als eine Oldtimerliste zu kontrollieren. Bei der 36. KFG-Novelle wurde eine derartige Reform bereits verpasst. Aber es wird ja eine 37. kommen ...

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