Neuer Hecht oder Hai?

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Neuer Hecht oder Hai?
Credit: AdobeStock

Ist der Ruf erst mal ruiniert, dann lebt es sich ganz ungeniert - das scheint derzeit das Motto der kroatischen Euroherc Versicherung AG zu sein.

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Sie pfeift dabei auf die Usancen desösterreichischen Kfz-Versicherungsmarktes und geht bei der Schadensregulierung ihre eigenen Wege. Die Konkurrenz und die Kfz-Werkstätten stehen diesem Phänomen derzeit noch ratlos gegenüber.

Im Frühjahr 2017 begann ein neuer Hecht im Teich der etablierten Kfz-Versicherer herumzuschwimmen. Um diesen Marktanteile abzujagen, musste sich der kroatische Geschäftsmann Dubravko Grgic für die Zweigniederlassung seiner Euroherc osiguranje d.d. neue Wege einfallen lassen. Höhere Vermittlungsprovisionen, eine schlanke Organisationsstruktur und Kampftarife, die in erster Linie auf Flottenbetreiber zugeschnitten wurden. Tarife, die vor allem für Vielfahrer mit hohen Unfallquoten von Interesse sind. Und für all jene, die stets nach dem billigsten Tarif Ausschau halten - denen alles andere Wurst ist.

Einsparung bei Haftpflicht-Schäden

Gespart wird bei der Schadensabwicklung: Die betrifft beim Haftpflichtschaden schließlich nicht eigene Euroherc-Kunden, sondern schuldlose Unfallgegner. Die sind großteils Kunden jener etablierten Konkurrenten, die sich bisher den Kfz- Versicherungsmarkt untereinander aufgeteilt haben. Nachderen Spielregeln hat jedoch die Versicherung des schuldigen Unfalllenkers die Interessen des schuldlosen Unfallgegners zu wahren und für eine reibungslose Schadensabwicklung zu sorgen. Das ist allerdings keine Pflicht und keine Regel des Schadensersatzrechtes - sondern lediglich eine interne Absprache der österreichischen Versicherer.

Aus der Sicht von Euroherc lassen sich die damit verbundenen Kosten der Haftpflicht-Schadensabwicklung daher rechtlich problemlos minimieren, da man damit nur die Kunden der Konkurrenz verärgert. Die schuldlosen Unfallopfer können ruhig auf die Besichtigung ihres Kfz-Schadens durch Euroherc-Schadensreferenten und auf die Reparatur ihres Autos warten -denn dank des Spalttarifs haben sie ja auf den ihnen sonst für die Dauer der Fahrzeugreparatur gegen den Unfallgegner zustehenden Leihwagen-Anspruch verzichtet.

Wenig Freude haben damit nicht nur die Unfallopfer, sondern auch all jene Kfz-Werkstätten, die bisher für ihre Kunden die Schadensabwicklung als Gratisservice erledigt haben. Die haben zuerst die Havarie wochenlang in ihrer Werkstätte herumstehen - und können sich anschließend mit Euroherc noch um die Bezahlung streiten. Allenfalls auch noch mit ihren eigenen Kunden, sobald sie von der ursprünglich vereinbarten Zession zurücktreten und bei diesen die direkte Bezahlung der Reparaturkosten einfordern.

Lieberüber die eigene Kasko?

Bevor sich ein schuldloser Autofahrer auf eine mühsame Streiterei mit dem Unfallgegner, dessen Euroherc-Haftpflicht oder mit seiner eigenen Werkstätte einlässt, wird er eher den bequemeren Weg einer Schadensabwicklung mit der eigenen Kasko- Versicherung wählen. Bei nicht ganz geklärten Verschuldensfragen wird er möglicherweise sogar auf dieihm gegenüber Euroherc zustehende Einforderung des Kasko-Selbstbehalts verzichten.

Das liegt durchaus im Interesse der Kroaten. "profil"- Redakteur Michael Nikbakhsh verweist in diesem Zusammenhang auf das sogenannte Teilungsübereinkommen -dem Euroherc noch nicht beigetreten ist. Es ist ein freiwilliges Arrangement der heimischen Versicherer, mit dem der Kaskoversicherer in derartigen Fällen vom Haftpflichtversicherer lediglich die Hälfte dieses Schadens ersetzt bekommt. Je mehr Euroherc-Haftpflichtschäden von anderen Kasko-Versicherern abgewickelt werden, desto schlechter ist deren Kasko-Schadensverlauf -und desto besser die Haftpflichtbilanz von Euroherc. Die ihre Kunden für diese Einsparungen -am Buckel der Konkurrenz -mit niedrigeren Tarifen belohnt, womit das ganze österreichische Kfz-Versicherungssystem durcheinandergewirbelt wird.

Vorab selber bezahlen

Wer keine Kasko hat, der ist mit einem bei Euroherc versicherten Unfallgegner arm dran. Aufgrund der problematischen Kfz-Schadensabwicklung akzeptieren immer mehr Werkstätten keine Euroherc- Schadensfälle. Außer der Kunde hat ausreichende Bonität, um den von einem Euroherc-Kunden verursachten Schaden vorweg selbst zu bezahlen. Und eine Rechtschutzversicherung, mit der er die Reparaturkosten dann einklagen kann.

"Wenn die Verschuldensfrage eindeutig ist, werde ich die Schadensabwicklung künftig wie in Deutschland praktizieren", sah sich der ehemalige Bundesinnungsmeister Komm.-Rat Alois Edelsbrunner aufgrund seiner Erfahrungen mit der schleppenden Schadensbesichtigung und Reparaturfreigabe bei Euroherc-Schäden zu neuen Wegen veranlasst.

Der Kunde hat dank seiner Beratung selbst einen gerichtlich beeideten Sachverständigen mit der Schadensbegutachtung beauftragt. "Wir haben Euroherc auch gleich verständigt, dass die Reparaturabrechnung über einen Anwalt erfolgen wird." Tatsächlich wurden diesem die offenen Reparaturkosten prompt überwiesen - allerdings ohne SVund Anwaltskosten.

"Nach Klagsandrohung ist dann auch das bezahlt worden", rät Edelsbrunner seinen Kunden, bei Euroherc-Haftpflichtschäden sofort die Rechtschutzversicherung einzuschalten.

Auch der Gesetzgeber könnte neue Wege beschreiten. Durch die Abschaffung des Spalttarifs hätten geschädigte Autofahrer für die Dauer der Schadensabwicklung wieder einen Leihwagenanspruch. Die damit verbundenen Kosten würden nicht nur Euroherc bei der Schadensabwicklung wahre Flügel verleihen.
 

Kalal hin - Spalttarif her
Nach den rechtlichen Spielregeln des Schadensersatzes ist es die Aufgabe des Geschädigten, sich um die volle Schadensregulierung zu kümmern.  Die dafür anfallenden Kosten hat ihm der Schädiger oder dessen Kfz-Versicherung zu ersetzen.
Die Durchsetzung dieser Forderungen kann in der Praxis recht mühsam sein. Das nützte vor Jahrzehnten der ehemalige Autoverleiher Franz Kalal,dafür einen eigenen Verein zur Schadensliquidierung zu gründen. Schuldlose Autofahrer hatten ihre Forderungen gegen den Unfallgegner und dessen Versicherung bloß an diesen Verein abzutreten, bekamen für die Reparaturdauer einen Leihwagen gratis und brauchten sich um nichts mehr zu kümmern: Autohin -Kalal her.

Je länger umso teurer 
In der Praxis hieß das: Je länger Versicherungen die Schadensabwicklung verzögerten, desto teurer kamen sie die Mietwagen. Um dieser konsumentenfreundlichen Schadensabwicklung einen Riegel vorzuschieben, klemmten sich die Versicherer hinter den Gesetzgeber. Sie erfanden den sogenannten "Spalttarif": Beim Abschluss einer Haftpflichtversicherung können Autofahrer entscheiden, ob sie auf ihre Ansprüche auf Ersatz von Mietwagenkosten verzichten. Dafür erhalten sie einen Prämiennachlass von 20 Prozent der Haftpflichtprämie (Haftpflichtversicherungsvariante A). Lediglich bei Abschluss der teureren Haftpflichtversicherungsvariante B bleibt der Anspruch auf Ersatz der Mietwagenkosten etc. aufrecht.

Spalttarif als Normaltarif 
Durch diesen Rabatt mutierte der ursprüngliche "Spartarif" zum Normaltarif: Kalals Geschäftsmodell der bequemen Reparaturabwicklung wurde der Garaus gemacht. Wobei es sich in der Folge eingebürgert hat, dass die geschädigten Autofahrer ihren Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten an die Werkstätten zedieren, die sich nun mit den Versicherungen um deren Bezahlung herumraufen müssen. Der Aufwand für die Schadensabwicklung (und manchmal auch für Ersatzfahrzeuge) wurde dadurch ersatzlos auf die Kfz-Werkstätten überwälzt. Statt der Geschädigten -und deren Vertreter - wurden die Kfz-Versicherer als Partner der Schädiger Herr der Schadensabwicklung. Sie besichtigen den Unfallschaden und bestimmen mit ihren Schadensreferenten Art und Umfang der Reparaturabwicklung einschließlich der Bezahlung der Reparaturkosten. Eine eigenartige Praxis, mit welcher der Bock zum Gärtner gemacht wurde -an die sich Österreichs Autofahrer und Werkstätten aber jahrzehntelang gewöhnt haben.
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