Muss er oder nicht?

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Seit mehr als einem Jahr steht die Stellungnahme der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) zur Verfügung und gibt -unter anderem -Auskunft darüber, ob der Händler die vorgeschriebenen Fliesen wirklich vom Importeur kaufen muss.

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Im April 2016 hat das Bundesgremium des Fahrzeughandels die Bundeswettbewerbsbehörde über die betriebswirtschaftlich und finanziell angespannte Situation zahlreicher Kfz-Vertragshändler informiert. Zur positiven Überraschung der Branchenvertretung hat die Bundeswettbewerbsbehörde in der Folge die zwar anonymisierten, jedoch aus dem Leben des Vertragshändlers gegriffenen Fallbeispiele aus kartellrechtlicher Sicht näher untersucht und schließlich eine umfassende schriftliche Stellungnahme abgegeben. Darin ist die BWB zu dem Ergebnis gekommen, sollten die dargestellten Fallbeispiele tatsächlich der Realität entsprechen, könnten diese als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch die Importeure erkannt werden. Diese Stellungnahme ist umso bedeutsamer, als die Bundeswettbewerbsbehörde in einem kartellgerichtlichen Verfahren neben dem Bundeskartellanwalt eine von zwei Amtsparteien darstellt, deren Einfluss auf die Entscheidung des Kartellgerichtes keinesfalls unterschätzt werden darf. Darüber hinaus ist die wirtschaftliche Drucksituation auf den Antragsgegner, sollte tatsächlich der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung festgestellt werden, weitaus höher, betrifft er in der Regel doch nicht nur den einzelnen aufgezeigten Einzelfall,sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit sämtliche zwischen dem Importeur und seinen Kfz-Händlern abgeschlossenen Händlerverträge. Zwar sind aus einem festgestellten Verstoß nicht zwingend direkte, zivilrechtliche Schadensersatzansprüche ableitbar, jedoch bedeutet die Entscheidung des Kartellgerichtes für den erfolgreichen Antragsteller eine starke Position in einem allenfalls folgenden Zivilverfahren, sofern sich der Importeur darauf überhaupt noch einlässt. Die Erfahrung hat daher gezeigt, dass kartellgerichtliche Anträge ein probates Mittel darstellen, die nun im Folgenden aufgezeigten, tatsächlich aus dem Leben des Vertragshändlers gegriffenen Beispiele wirksam zu bekämpfen.

Investitionen in Ausstattung und Einrichtung Die Bundeswettbewerbsbehörde attestiert den Importeuren ein legitimes Interesse an einem einheitlichen Auftritt sowie der Positionierung, Pflege und Entwicklung ihrer Marke. Dabei sind aber auch die wirtschaftlichen Interessen der Vertragspartner zu berücksichtigen, was sich bekanntermaßen insbesondere bei der Etablierung einer neuen Corporate Identity und den damit verbundenen Umbau-und Adaptierungsarbeiten kostenintensiv niederschlägt. Missbräuchliche Vorgaben liegen etwa dann nahe, wenn der geforderte Investitionszyklus auffällig von einer üblichen Abschreibungsdauer für das betreffende Vermögensgut abweicht. Wenn also komplexe Umbauarbeiten in das Geschäftsgebäude gefordert werden, diese jedoch bereits nach nur wenigen Jahren wieder obsolet sind, würde der Händler einen wirtschaftlichen Schaden erleiden, der ihm vom Importeur nicht vorgeschrieben werden darf. Der Missbrauch offenbart sich im gegenständlichen Fallbeispiel regelmäßig immer erst, wenn unerwartet kurz nach den letzten Investitionsvorgaben neuerlich Umbauarbeiten gefordert werden. Gleiches gilt, wenn die geforderte Investitionshöhe in einem auffälligen Missverhältnis zu den Umsatzund Ertragschancen des Geschäftsbetriebes steht. Regelmäßig hört man in der juristischen Beratung von Investitionsvorgaben deutlich jenseits der Million Euro. Nur wenige große Vertragshändler sind jedoch tatsächlich in der Lage, derartige Vorgaben erfüllen und auch wieder erwirtschaften zu können.

Vorgeschriebene Bezugsquellen Als geradezu klassisches Fallbeispiel kann die vertragliche Bindung der Händler für Waren und Dienstleistungen an bestimmte Bezugsquellen gesehen werden. Wie oft hört man, dass ein Vertragshändler angewiesen wird, die Fliesen für den neuen Schauraum bei einem ganz bestimmten Lieferanten zu beziehen, obwohl er exakt dieselben Fliesen bei einem anderen Händler deutlich günstiger kaufen könnte. Insbesondere im Zusammenhang mit Möbeln und Einrichtungsgegenständen kommt es zu wenig nachvollziehbaren Ungleichverteilungen von Kosten und Nutzen der Maßnahme zugunsten des marktbeherrschenden Importeurs. Hintergrund dabei ist in aller Regel eine hinter diesen Vorgaben stehende vertragliche Provisionsbeziehung des Importeurs zum Lieferanten. De facto bezahlt der Vertragshändler mit seiner überteuerten Rechnung nicht allein den Fliesenlieferanten, sondern leistet über Umwege auch einen unfreiwilligen Beitrag an seinen Importeur. Wie die Bundeswettbewerbsbehörde völlig richtig aufgezeigt hat, bringen jedoch Verpflichtungen zum Bezug bestimmter Ausstattungs-,Einrichtungs-oder Ausrüstungsgegenstände einen weiteren Missbrauchstatbestand mit sich. So ist es gemäß § 5 Abs 1 Z 4 KartG missbräuchlich, an die Vertragsschließung geknüpfte zusätzlicheLeistungen anzunehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen. Von dieser sogenannten Koppelung spricht man insbesondere dann, wenn der Lieferant den Bezug von Gütern oder Leistungen, wie z. B. Fliesen, Teppichen, Möbeln und Schildern, die in keinerlei Zusammenhang mit den Hauptleistungen des Vertrages stehen, an sich bindet.

Händlerverbände sind gefragt Zusammengefasst lässt sich daher zu diesem Themenkomplex ganz klar festhalten, dass das bedauerlicherweise etablierte System im Zusammenhang mit Investitionen in Architektur, Ausstattung und Einrichtung von Schauräumen und Werkstatt zu einem großen und allgemein bekannten Anteil den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung bedeuten kann. Fürchtet der einzelne Vertragshändler, dass sein Aufbegehren gegen diese offensichtlichen Rechtswidrigkeiten das Ende seines Vertrages zum Ergebnis hat, so sind umso mehr die bestehenden Händlerverbände aller Marken gefragt, im Interesse ihrer Mitglieder diesen Missbrauch abzustellen. Der nächste Teil unserer Serie wird sich insbesondere mit der Frage der Rechtskonformität des bestehenden Systems für Vergütungen von Leistungen beschäftigen, die Vertragswerkstätten im Rahmen von Gewährleistungen und Herstellergarantien zu erbringen haben.

"Die Bundeswettbewerbsbehörde stellt in einem kartellgerichtlichen Verfahren eine von zwei Amtsparteien."

"Eine an die Vertragsschließung geknüpfte Bedingung ist missbräuchlich, wenn sie weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand steht."

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