Pfusch in Serviceboxen

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Der Weg zur eigenen Kfz-Werkstätte war bisher steinig. Lehre, Gesellenprüfung, Meisterkurse kosteten Zeit und Geld. Dafür konnten diese "Start-ups" ihren Kunden entsprechende Qualität bieten. Gefahr droht nun durch "Serviceboxen", deren Zahl immer mehr steigt.

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Wenn es nach der Arbeitsmarktpolitik geht, soll alles künftig viel einfacher werden. Das AMS hilft jungen Interessenten, sich mit Kfz-Servicestationen selbstständig zu machen. Die Versuchung, dieses Geschäft -illegal -auch auf Kfz-Reparaturen auszuweiten, ist groß.

Es waren vor allem die Mineralölfirmen, die bereits in der Vergangenheit zwecks Ölwechsels an der Etablierung zusätzlicher Kfz-Servicestationen interessiert waren. Ende 2016 wurden von den 3.378 von der zuständigen Fachgruppe erfassten Servicestationen 1.574 von Tankstellen betrieben. Dieses Geschäft konnte schon bisher ohne eigene Gewerbeanmeldung als Nebenrecht einer Tankstelle betrieben werden. Allerdings mit allen Einschränkungen, die mit dieser Servicefunktion verbunden sind. Mit einer Ausweitung dieses "Kfz-Service" in Richtung "Kfz- Reparatur" gingen die Mineralölfirmen die Gefahr ein, sich ein Pfuscher-Imageeinzuhandeln und in Haftungsfallen hineinzutappen. Deshalb haben sie darauf geschaut, dass sich ihre Tankstellenpächter nicht zu weit in diese Grauzone hinein bewegen. Die Tankstellenbetreiber stehen im Zuge des Strukturwandels vor dem Problem, für die Erneuerung alter Tankstellen viel Geld in die Hand nehmen zu müssen oder weniger frequentierte und daher unrentable Tankstellen einfach zu schließen. Vor allem da es immer weniger Interessenten gibt, die bereit sind, das Joch eines schlecht verdienenden Pächters auf sich zu nehmen. So hat sich das Tankstellennetz in den letzten Jahren von2.800 auf 2.500 Standorte reduziert. Gleichzeitig hat sich die Zahl der Automatentankstellen von 200 auf 600 verdreifacht.

Schließung alter Tankstellen wäre zu teuer

Was macht man mit denüberflüssigen Standorten? Eine Möglichkeit ist die Entsorgung. Die kostet Geld. Als Alternative bietet sich die Verpachtung der Immobilie als Kfz-Servicestation. Das bringt Pachteinnahmen. Und trotz Schließung der Tankstellen bleibt den Verpächtern das Schmiermittelgeschäft erhalten -bekannterweise ein wesentlicher Ertragsbringer des Kfz-Geschäftes. Ein Weg, der offenbar immer beliebter wird.

Bundesinnungssekretär Dipl.oec. Andreas Westermeyer erinnert sich an eine Kärntner Gewerbebehörde, die einen Werkstattaspiranten fragte, was er zu seiner Befähigung nachzuweisen habe. "Nichts? Dann melden S"halt das kleine Gewerbe an", lautete daraufhin der einschlägige Ratschlag zum Start mit einer Servicebox -der dankend akzeptiert wurde. Für seinen Kollegen Dr. Thomas Sauer aus Niederösterreich ist es unter diesen Umständen kaum verwunderlich, dass bei diesen neuen "Betrieben" die Gewerbevorschriften kaum überprüft werden. "Das politische Interesse dieser Behörden, im Vollzug einzuschreiten, geht gegen null. Denen ist das alles mehr oder minder wurscht." Das liegt möglicherweise auch daran, dass die bei Verstößen verhängten Verwaltungsstrafen "nicht gerade üppig sind" - und daher kaum abschreckend wirken.

Kammermitglieder genießen Kammerschutz

Anderseits sieht er auch für seine eigene Standesvertretung kaum Handlungsspielraum. "Die Kfz-Servicestationen sind ebenso Kammermitglieder wie die Kfz-Reparaturbetriebe." Sie genießen also "Kammerschutz" und daher können Verstöße gegen die Einhaltung des ausgeübten Gewerbeumfanges nur abgemahnt werden. Ein wirksamer Hebel gegen diesen Pfusch wäre allenfalls das Wettbewerbsrecht. "Die erwecken den Anschein, Kfz-Werkstätten zu sein", ortet Bundesinnungsmeister Komm.-Rat Fritz Nagl darin eine Täuschung der Konsumenten. "Wir schicken viel an den Schutzverband. Für den ist aber der Fall mit der Abgabe der eingeforderten Unterlassungserklärung erledigt." Daher muss laut Sauer der Gewerbesünder als Kammermitglied in solchen Fällen dem Schutzverband nicht einmal die Kosten ersetzen. Was dessen Elan zur Pfuscherbekämpfung verständlicherweise ebenfalls in Grenzen hält.

Die wirksamsten Möglichkeiten gegen das bei den Servicestationen ausufernde Reparaturgeschäft hätten die Steuerbehörden. "Die könnten das über die Kundenlisten der Teilehändler leicht aufrollen", rät Sauer zu Schwerpunktkontrollen, wie dies bei Baustellen immer wieder der Fall ist. Für wirksame Kontrollen sieht er derzeit aber wenig Realisierungschancen: "Die Finanzpolizei hat nicht genügend Ressourcen, wenn sie politisch andere Schwerpunkte vorgeschrieben bekommt."

Das AMS-Service

2015 gab es 1.545 Gewerbeberechtigungen für Kfz-Service, die nichts mit dem Treibstoffverkauf zu tun hatten. Trotz sinkender Tankstellendichte ist diese Zahl 2016 auf 1.804 gestiegen. Das wären somit 259 Neugründungen. Einen Teil dieses übrigen "Nachwuchses" für diese "neue Selbstständigkeit" liefert das Arbeitsmarktservice. Das bietet Arbeitslosen als Service ein Unternehmensgründungsprogramm. "Als Unterstützung auf dem Weg von der Arbeitslosigkeit zur Selbstständigkeit" wird dieser Service vom AMS propagiert. Man nehme etwa einen älteren Arbeiter eines Kfz-Betriebes, der bisher mit Autowaschen und der Autoaufbereitung beschäftigt war. Eine Arbeit, die zur Senkung fixer Personalkosten extern ausgelagert wurde. Der dadurch Gekündigte landet beim AMS. Mangels entsprechender Fachkenntnisse ist er bei anderen Kfz-Betrieben schwer vermittelbar. Dank entsprechender Beratung erkennt der Frustrierte, dass es auch eine Alternative zur Arbeitslosigkeit gibt.

Unternehmensberatung für den Neustart Das AMS liefert ihm dafür in der ersten Phase des Neustarts eine Unternehmensberatung, um die Chancen seiner Selbstständigkeit auszuloten. Überdies kann er noch die kostenlosen AMS-Angebote einer Weiterqualifizierung in Anspruch nehmen. Nach Abklärung der Realisierbarkeit -etwaals Servicestation -kommt der Einstieg ins Gründungsprogramm. Mit der Realisierungsphase und der Aufnahme der Selbstständigkeit ist das AMS den Schwervermittelbaren dann los. Wobei es "unter gewissen Voraussetzungen für die Dauer der Teilnahme am Programm die finanzielle Absicherung gewährleistet." Das heißt, dem Jungunternehmer wird für einige Monate das Arbeitslosengeld weiter bezahlt. Nach 6 Monaten bekommt er in der Nachbetreuung nochmals einen Unternehmensberater, der ihm rät, seine Dienste seinem früheren Betrieb anzubieten. Schließlich muss der ja weiterhin Autos waschen und aufbereiten lassen. Dort hat einer jedoch zwischenzeitig erkannt, dass sich mit dem ausgelagerten Service -wenn man es nicht verschenkt - doch Geld verdienen lässt. Dieses Geschäftsfeld wurde daher bereits wieder eingegliedert, dem Jungunternehmer ist daher seine potenzielle Kundschaft abhanden gekommen. Auch für diesen Fall ist gesorgt: Sollte er mit anderweitigen Arbeiten - etwa kleineren Kfz-Reparaturen -nicht doch noch zu einer ausreichenden Beschäftigung kommen, garantiert ihm das AMS am Ende seiner Selbstständigkeit die Möglichkeit, in die Arbeitslose zurückzukehren.

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