Hat dasÖlgeschäft Zukunft?

Der Verbrennungsmotor wird verteufelt, der E-Motor gehypt. Wie schnell wird die Entwicklung wirklich passieren und was bedeutet sie für die Werkstatt und das Schmierstoffgeschäft?

Dieses Thema beschäftigt die Branche natürlich sehr, in Gesprächen und Umfragen bekommt man meist optimistische Antworten. Von Potenzialen und neuen Geschäftsmodellen für Werkstatt und Lieferanten ist da die Rede. Einige Vertreter der Industrie blicken gar nicht allzu weit in die Zukunft, sehen momentan oder "inden nächsten drei bis vier Jahren" kein Problem. Das stimmt mit Sicherheit. Aber sind die prognostizierbaren Jahre ausreichend für die notwendigen Investitionen, die eine Werkstatt heute leisten muss? Zumal der Ölpreis ohnehin unter Druck steht und nicht mehr lange aufrecht zu erhalten ist?

Setzt sich die E-Mobilität durch? Die Skepsis über die tatsächliche Durchsetzung der Elektromobilität ist eines der häufigsten Argumente. Viele Anbieter sehen sich hingegen längst als Energieanbieter und haben sich in den Siegeszug der erneuerbaren Energie bereits vorsichtig eingereiht. Den Werkstätten hilft es herzlich wenig, wenn ihr Schmierstofflieferant schon weiß, womit er nach dem Ende von Benzin, Diesel und Motoröl noch Geld verdient. In manchen Fällen werden alternative, CO2-neutrale Kraftstoffe als entscheidende Entwicklung gesehen, die auch dem Verbrennungsmotor und damit dem Motoröl eine Zukunftschance bieten.

Die Autohersteller setzen auf Elektro Das alles mag eine Rolle spielen, dennoch: Die E-Mobilität ist fix, daran besteht seit der jüngsten IAA in Frankfurt und dem Entwicklungsplan von Volkswagen als einem der wichtigsten Hersteller kein Zweifel mehr. Egal wie sauber die Verbrennung, egal wie CO2-neutral der Kraftstoff: Der Wirkungsgrad des E-Motors ist viel höher, die Entwicklungs-und bald auch die Produktionskosten viel niedriger und die Gestaltungsmöglichkeiten beim E-Fahrzeug aufgrund der kompakten Antriebseinheit deutlich großzügiger. Oder wie VW-Vorstand Herbert Diess sagt: "Mit einem E-Antrieb schaffen Sie das Raumangebot eines Passat auf der Fläche eines Golf." Die Leistungsfähigkeit der Batterien wird sich rasant verbessern, ebenso das Thema Ladung und Infrastruktur. Bei den aktuellen Prognosen wird von einer linearen Verbesserung ausgegangen, diese wird aber sehr dynamisch erfolgen, disruptiv, wie das moderne Wort dafür heißt.

Verbrenner noch lange im Einsatz Gibt es auch eine gute Nachricht? Ja, denn trotz beschleunigter Entwicklung bei der Elektrifizierung wird der Verbrenner noch lange im Einsatz sein. Die Rechnung ist relativ einfach. Alle Fahrzeuge, die aktuell bzw. in den nächsten Jahren auf den Markt kommen, sind hauptsächlich mit klassischen Verbrenner-Antrieben ausgestattet. Danach kommen erst die guten Jahre der Übergangstechnologie Hybrid, wo sich der Mildhybrid mit 48V das Volumen ausmachen wird. Aber auch die massiv an Bedeutung gewinnenden Vollhybrid-Lösungen sind noch sehr "werkstattfreundlich". Zwar ist der Verschleiß beispielsweise bei den Bremsen durch das Rekuperieren und generell durch vorausschauende Fahrweise geringer, Motoröl wird aber weiter gebraucht. Dazu kommt der weiter steigende Anspruch der Schmierstoffe: Start-Stopp-Einsätze belasten den Motor und das Öl, durch die geforderten CO2-Einsparungen muss die Reibung im Motor immer stärker reduziert werden, das Öl wird noch dünner und damit hochwertiger sein. Die Aufrechterhaltung des Ölfilms ist damit eine große Herausforderung. Der Einsatz der exakt richtigen Spezifikationgewinnt ebenfalls an Bedeutung.

8 +15 Jahre Ein Automodell hat einen Produktzyklus von 6 bis 8 Jahren und auch das letzte dieser Serie wird noch zumindest 12, eher 15 Jahre im Einsatz sein. Je höher das Durchschnittsalter der Fahrzeuge in der Werkstätte, umso länger wird der klassische Ölservice erhalten bleiben. Auch die Prognose betreffend Bestandswachstum spricht noch für ausreichend (ältere) Verbrenner in der Werkstätte. Wie wir diese Jahre auch immer addieren: Seriöse Prognosen gehen davon aus, dass noch bis 2030 die Zahl der Verbrennungsmotoren (vor allem mit Hybrid) steigen wird. Erst danach wird der bis dahin bereits sehr stark wachsende Anteil an Elektromobilität (eventuell in Verbindung mit Wasserstoff) den konventionellen Motor zurückdrängen.

Rechtzeitig planen Zeit genug, um nicht in Panik zu verfallen, aber nah genug, um schon jetzt darüber nachzudenken, wo in zehn Jahren der Ertrag herkommen soll und welche Strategien und Investitionen heute und morgen für übermorgen sinnvoll sind.